2020 – Corona, Krise, Kurzarbeit, Sonderförderung
Das Medienjahr 2020 ist geprägt von der weltweiten Pandemie des aggressiven Corona-Virus Sars-CoV-2 und der Viruserkrankung Covid-19, die von China ausging, von Beschränkungen des öffentlichen Lebens auch in Österreich, von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie insbesondere auf Werbebuchungen, eine der zentralen Finanzierungsquellen von Medien. Bei vielen Medienbetrieben in Österreich ist ab März/April 2020 Kurzarbeit ein Thema, die Republik fördert diese Maßnahme über das AMS und versucht den wirtschaftlichen Krisenfolgen mit insgesamt rund 38 (Stand März) Milliarden Euro an Subventionen (der Wirtschaft allgemein) entgegenzuwirken.
Hier versuche ich eine Übersicht der prägenden Ereignisse der vergangenen Jahre – noch im Experimentierstadium.
Eine Timeline der wichtigsten Medienereignisse seit 1945 finden Sie unter diesem Link auf DIEMEDIEN.at.
Weitere relevante Ereignisse finden Sie hier in den Updates:
Das Letzte: Updates zum Ein-/Ausklappen
- 3. November 2020
Boulevard und Terror: Nach Anschlagsvideos stoppen Werbekunden vorläufig Buchungen bei „Oe24“ und „krone.at“ -
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- Oe24TV zeigt wie Krone.at und Krone-TV am Abend des 2. November 2020 Videos vom Terroranschlag in der Wiener Innenstadt. Videos zeigen den Attentäter beim Erschießen eines Passanten. Der TV-Sender der Fellner-Mediengruppe ist als Autostart-Livestream üblicherweise auch auf Oe24.at zu sehen, an diesem Abend aber laut Wolfgang Fellner wegen eines Serverproblems nicht.
- Beim Österreichischen Presserat langen noch am selben Abend 300 Beschwerden über die Veröffentlichung ein, soviele wie noch nie. Es werden in den nächsten Tagen noch fast 1500 Beschwerden.
- Die Medienbehörde KommAustria leitet nach Ermittlungen im Dezember 2020 formelle Verfahren gegen drei Programmveranstalter/Mediendiensteanbieter ein. Gegenstand der Verfahren sind laut KommAustria "mögliche Verletzungen der Menschenwürde, der journalistischen Sorgfalt und von Programmgrundsätzen".
- Eine Reihe großer Werbekunden erklären – teils auf Anfragen von Aktivisten – einen vorläufigen Werbestopp auf diesen Portalen wegen der Veröffentlichungen. Die Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Bipa) bestätigt mir den Stopp der Buchungen ebenso etwa wie die Spar-Gruppe, Hofer, Bawag, Mobilfunker Spusu.
- Am Morgen des 3. November erklärt mir Wolfgang Fellner noch, man habe die Videos nach Protesten seit 23 Uhr am Montagabend nicht mehr gezeigt, aber: "Das ist ein Terroranschlag. Ich glaube schon, dass es zum Verständnis des Terroranschlags dazugehört, wie der Todesschütze agiert hat." Am Dienstagabend entschuldigt sich Niki Fellner – nach einer Serie von Werbestopp-Ankündigungen auf Twitter und Appellen etwa von GGK-Mullenlowe-Boss Michael Kapfer auf Facebook – "ausdrücklich" auf Oe24TV und schreibt mit seinem Vater Werbekunden: Das Video aus einer Überwachungskamera der Israelitischen Kultusgemeinde, übernommen vom israelischen Fernsehen, sei nach seinem Wissen in rund 70 Sendern weltweit gezeigt worden. Es sei zudem nie auf Oe24.at, sondern alleine auf Oe24TV gelaufen; er räumt auf Nachfrage aber ein, dass das Programm üblicherweise als Livestream auf Oe24.at gezeigt wird - im Autoplay-Modus. Montagabend allerdings waren die Server von Oe24 aber (auch von außen) sichtlich überlastet. Laut Fellner waren die Videos wegen eines Serverproblems nicht auf Oe24.at zu sehen.
- Konkurrent Heute setzt sichtlich auf Differenzierung: Die Gratiszeitung zeigt online keine Tatvideos, entschuldigt sich ausdrücklich für eine Fehlinformation über eine (kolportierte) Geiselnahme in der Mariahilfer Straße, zeigt auf der Titelseite am Tag danach eine Rose. Herausgeberin Eva Dichand bemüht sich auf Twitter um Abgrenzung zu Oe24, wiewohl nicht von krone.at. Und Heute schaltet in den Folgetagen massiv in Branchendiensten Werbung mit Verweis auf die eigene "Brand Safety" im Unterschied zur Konkurrenz.
Ziemlich heuchlerisch von ihnen! In ihrem Familienbusiness ist halt einfach eine andere Abteilung zuständig für die Geschmacklosigkeiten. pic.twitter.com/vLFvz2m6T5
— Sebastian Vogel (@APokeWithAStick) November 3, 2020 -
- 20. Mai 2020
„Kleine“-Chefredakteur über Beschwerde-Anrufe von Kanzler Sebastian Kurz - Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung und nicht unbedingt ein erbitterter Gegner der ÖVP unter Sebastian Kurz, machte am 15. Mai seiner Verwunderung über den Kanzler öffentlich Luft. Patterer kritisierte in einem Leitartikel den Auftritt von Sebastian Kurz im Kleinwalsertal, wo Menschen ohne Schutzmasken und Sicherheitsabstand dem Kanzler gegen alle seine Corona-Gebote huldigten. Er schrieb im Leitartikel von "verheerender Symbolik", in die Kurz und die Seinen "berauscht vom erhofften PR-Coup in ein PR-Debakel ersten Ranges torkelten". "Mit dem entglittenen Besuch hat Kurz nicht nur seine Glaubwürdigkeit beschädigt und seine Pädagogik konterkariert, sondern vor allem jenes Gesetz, das seine Regierung erst Stunden zuvor verschärft hat: keine Zusammenrottungen mit mehr als zehn Leuten!" Kurz attestiert er wie in einem "Clip aus der Mitterer-Saga" den Genuss des Publikums eines entwöhnten Politikers, eine "nicht angemeldete Selbstvergessenheit". Kurz meldet sich mehrmals bei Patterer, schreibt er in seinem Newsletter, spricht von "Zerrbildern", er habe das Bad nicht genossen, sondern sich "unwohl" gefühlt. Kurz spricht auch in der ZiB 2 dann nicht etwa von einem Fehler, er gibt den Medien die Schuld. Die Tour werde nicht abgebrochen, wie man erwartet hätte, kritisiert Patterer. Nur "Bodenmarkierungen" für Journalisten werde es geben. Die Neos richten an Kanzler Kurz danach eine parlamentarische Anfrage ("Message Control in der Corona-Krise"), unter anderem, welche Chefredakteure er da alle durchgerufen hat.
- 20. Mai 2020
Schiedsgericht bestätigt „Krone“-Vorrechte der Dichands und lässt Funke-Gruppe abblitzen - Am 20. Mai 2020, am späten Vormittag, verschickt das Schweizer Schiedsgericht die definitive Entscheidung im langjährigen Gesellschafterstreit um die Vorrechte der Familie Dichand: Die Rahmenvereinbarungen mit der Funke-Gruppe über gut 7 Millionen garantierten Gewinn jährlich und das Sagen in der Redaktion für die Dichands sowie die Syndikatsverträge in der Mediaprint, die Stimmrechte der Funkes an die Dichands binden, gelten weiter. Sie sind nur zu kündigen, wenn man die Gesellschaftsverträge der Krone aufkündigt. Und wer das tut, muss seine Krone-Anteile dem Mitgesellschafter zum sehr günstigen Buchwert überlassen. Die Dichands rufen nach der Entscheidung (laut ihrer Anwältin Huberta Gheneff) die Funke-Gruppe auf, über einen Verkauf der Krone-Anteile zu verhandeln. Das taten sie (und Raiffeisen über jene am Kurier) schon 2018 – bis die Funke-Gruppe Immobilienmilliardär René Benko an ihrer Österreich-Holding beteiligte. 80 Millionen zahlte Benko für eine Minderheit dort, für die kompletten Funke-Anteile an beiden Zeitungen sollten weitere 80 Millionen fließen. Bedingung: Die Vorrechte der Dichands müssen fallen (womit Benko fix gerechnet haben soll). Der Vertrag soll auch Ausstiegsmöglichkeiten für Benkos Signa-Gruppe vorsehen. Funke-Gruppe und Benkos Signa lassen fünf Tage später verlauten: Sie verkaufen nicht. Und sie fechten die Entscheidung des Schiedsgerichts wegen aus ihrer Sicht "schwerwiegender Unregelmäßigkeiten" an. Doch das dagegen angerufene Schweizer Bundesgericht, also das zuständige Höchstgericht, weist die Beschwerde mit 1. April 2021 ab.
- 20. Mai 2020
Rekord-Zugriffe für Onlinemedien im Corona-Shutdownmonat März 2020 - Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen dagegen ab Mitte März 2020 auch in Österreich ließen die Nutzung von Onlinemedien gewaltig zu neuen Rekordwerten ansteigen. Bei Marktführer ORF.at stiegen die Visits von Februar 2020 rund 107 Millionen auf 179 Millionen im März, die Gesamtnutzungszeit von ORF.at (Usetime mal Visits) stieg von 12 auf 22 Millionen Stunden im Monat. Bei krone.at legten die Visits von fast 50 (Februar 2020) auf fast 80 Millionen (März 2020) zu. Bei derStandard.at von rund 35 auf 58 Millionen. Die Gesamt-Verweildauer pro Monat stieg bei krone.at von 2,9 auf 4,3 Millionen Stunden, bei derStandard.at von 3,1 auf 4 Millionen im März 2020.
- 5. Mai 2020
Facebook gibt sich neues Aufsichtsgremium für Inhalte: Oversight Board - Facebook gibt sich ein Aufsichtsgremium für inhaltliche Fragen wie Desinformation, Hassbotschaften und Sicherheit. Das Oversight Board nimmt am 6. Mai 2020 offiziell seine Tätigkeit auf. Da hat es 20 Mitglieder wie den langjährigen Guardian-Chefredakteur Alan Rusbridger, der ehemalige US-Bundesrichter Jamal Greene (Columbia Law School), die ehemalige dänische Premierministerin und Parteichefin der Sozialdemokraten dort, Helle Thorning-Schmidt, und die Menschenrechtsanwältin Catalina Botero-Marino. 40 Mitglieder sollen es noch werden. Das Oversight Board soll bestimmen, welche Inhalte auf Facebook gepostet werden können. Facebook hat sich verpflichtet, die Beschlüsse, soweit gesetzeskonform, umzusetzen, auch wenn Mark Zuckerberg oder das Facebook-Management anderer Meinung ist. Das Gremium wird über eine für die ersten sechs Jahre mit 130 Millionen Dollar dotierte Stiftung finanziert.
- 5. Mai 2020
APA spart 25 Stellen ein, 15 in der Redaktion - APA-Geschäftsführer Clemens Pig lädt die Belegschaft am 5. Mai 2020 zu einem "Videostatement". Doch statt des erwarteten Lobes für die Leistungen der Belegschaft verkündet Pig ein einschneidendes Sparpaket: 15 von 145 Vollzeitstellen in der Redaktion würden bis Ende 2021/Anfang 2022 eingespart, insgesamt 25 Jobs in der APA-Gruppe mit ihren rund 500 Mitarbeitern. Pig erklärt die Kürzungen mit 2021 bevorstehendem Aufwand für Quinquennien. Sechs Mitglieder der Redaktion, darunter die Brüssel-Korrespondentin, sollen gekündigt werden (beziehungsweise ihre Verträge einvernehmlich aufgelöst), die übrigen Einsparungen will Pig mit Teilzeiten, Karenzierungen, nicht Nachbesetzen von Pensionierungen erreichen. Kurzarbeit, wie sie viele andere Medienunternehmen in der Corona-Krise sie praktizieren, lehnt Pig ab, sie sei nicht nachhaltig. Er erwarte für 2021 ein Umsatzwachstum von nur einem Prozent (nach vier Prozent in den vergangenen Jahren) und Kostensteigerungen von fünf Prozent, erklärt Pig die Maßnahmen.
- 27. April 2020
Corona bringt ORF 29 bis 50 Millionen Euro vom Finanzplan 2020 ab – 50 Millionen weniger GIS und Werbung - Das Corona-Virus und die Maßnahmen dagegen lassen den ORF 2020 von seinem Finanzplan abkommen. Am 27. April präsentiert ORF-Chef Alexander Wrabetz den Stiftungsräte zwei wirtschaftliche Szenarien für den ORF in Corona-Zeiten, die statt des geplant ausgeglichenen Ergebnisses 2020 nun 28,6 oder 50 Millionen Euro Verlust erwarten. Das optimistischere Szenario, grob gerundet:
- 40 Millionen Euro weniger Werbung (inklusive Sonderwerbung)
- 10 Millionen weniger GIS-Einnahmen (Arbeitslose können sich befreien lassen
- 20 Millionen mehr für zusätzliches Programm und Corona-Mehrkosten (wohl Sicherheitsmaßnahmen wie Isolationsbereiche)
- 8,5 Millionen weniger Erlöse aus Wertpapieren und Nachschüsse in die Pensionskassa
- 30 Millionen spart sich der ORF durch verschobene Fußball-Europameisterschaft und Olympische Sommerspiele (die fallen dann aber 2021 mit Ski-Weltmeisterschaften doch an)
- 21 Millionen spart der ORF sich laut Szenario A mit Kurzarbeit (wenn 3 Monate) soie anderen Maßnahmen, Szenario B geht von sechs Monaten Kurzarbeit aus.
- 21. April 2020
Corona-Monate lassen Netflix-Abos zulegen wie noch nie - 15,77 Millionen neue bezahlte Abos meldet Netflix für die ersten drei, von der Corona-Pandemie geprägten Monaten des Jahres 2020 – soviele neue Kunden hat der globale Streaming-Marktführer noch nie in einem Quartal gewonnen. Gesamtstand nun: 182,86 Millionen weltweit. Weil Produktionen virusbedingt vorerst gestoppt sind, sinken die Verbindlichkeiten in dem Quartal leicht auf 19,2 Milliarden Dollar. Das Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen verdoppelt sich beinahe auf fast 1,1 Milliarden.
- 17. April 2020
Eva Dichand tut ihre Corona-Infektion kund – und jene von Christoph Dichand - "Als ich mich mit Corona hinlegte, war es fast vorbei": Unter diesem mehrdeutigen Titel gibt Heute-Herausgeberin Eva Dichand am 17. April 2020 ihre Infektion mit Covid-19/Corona-Virus bekannt. Sie und ihr Mann Christoph Dichand hätten sich vermutlich beim Skifahren in der Schweiz in einem "Risikogebiet" angesteckt, am 18. März sei sie positiv getestet worden, am Tag danach habe sich auch Christoph Dichand testen lassen. Dichand war bei Sitzungen mit versammelten Krone-Führungskräften. Eine bis zu der Zeit für die Familie tätige Pädagogin, die selbst zu im März an dem Virus erkrankte, erfuhr nach eigenem Bekunden erst durch Medienberichten über Dichands Zeitungsartikel von der Infektion der beiden Arbeitgeber.
- 3. April 2020
Corona-Sonderförderung: 35 Millionen Euro für Medien – vor allem Krone, Heute, Oe24 und Privatsender - Der Nationalrat beschließt am 3. April eine Corona-Sonderförderung für Medien, die großteils gerade in Kurzarbeit gingen etwa wegen Werbeeinbrüchen in kolportiert zweistelliger Millionnehöhe im Umfang von rund 32 Millionen Euro. Der erste Entwurf wird auf Drängen der Grünen über Nacht geändert.
- 12 Millionen für Tageszeitungen und 2,7 für Wochenzeitungen Eine geplante Förderung von 4 Euro pro gedrucktem Exemplar (Wochenschnitt 2019) wird auf 3,25 Euro reduziert. Dafür wird die sogenannte Vertriebsförderung in der Presseförderung für tägliche und wöchentliche Kauftageszeitungen um das 1,5-Fache erhöht. Ergebnis: etwas weniger Geld für die Gratiszeitungen Heute (1,7 Millionen) und Oe24/Österreich (2 Millionen Euro Sonderförderung) und für die Kronen Zeitung (gut 2,7 statt zunächst geplanter 3 Millionen), etwas mehr für die anderen Tageszeitungen und auch eine Sonderförderung für Wochenzeitungen (rund 2,7 Millionen für mehr als 30 Titel). Die reguläre Bundes-Presseförderung beträgt 8,9 Millionen Euro jährlich.
- 15 Millionen Corona-Sonderförderung bekommen kommerzielle Privatsender. 2019 erhöhten ÖVP und FPÖ den Privatrundfunkfonds für sie von 15 auf 20 Millionen Euro jährlich. Die größten Förderungen gingen bei den jüngsten Antragsterminen an ProSiebenSat1Puls4 inklusive ATV und an Oe24TV der Mediengruppe Österreich.
- 2 Millionen Sonderförderung sollen nichtkommerzielle Privatsender wie Okto und Orange bekommen, sie erhalten regulär pro Jahr 3 Millionen Euro vom Bund.
- Aufgestockt im Juni: Im Juni 2020 kündigt Kanzler Kurz' Medienbeauftragter Gerald Fleischmann weitere 3 Millionen Euro Sonderförderung für regionale Wochen- und Monatsblätter (Kauf und gratis) an.
- 1. April 2020
Corona-Krise: Österreichs Medienbranche in Kurzarbeit - Mit 1. April 2020 (oder bald danach) geht eine Vielzahl österreichischer Medienunternehmen in Kurzarbeit, in Teilbereichen oder gleich als ganzer Verlag oder ganzes Medienunternehmen – etwa der Standard, die Kleine Zeitung (ab 15. April) der Styria (in allen ihren österreichischen Unternehmen ist Kurzarbeit Thema), der Kurier, die Salzburger Nachrichten, die Moser Holding, die Oberösterreichischen Nachrichten/Wimmer Holding, Vorarlberger Nachrichten/Russmedia, die VGN (früher Verlagsgruppe News), die Mediengruppe Österreich, auch in der Mediaprint und bei der Krone war Kurzarbeit Thema. Auch der ORF meldet rückwirkend mit 1. April 2020 Kurzarbeit an, die Information sei ausgenommen. Er rechnet 2020 mit 50 Millionen Euro geringeren Einnahmen aus Werbung und wegen mehr Gebührenbefreiungen. Auch kleinere Verlage wie Ahead Media (Home, Flair) planen in diesem Frühjahr Kurzarbeit, Die Kurzarbeit, bei der das AMS einen Teil der Gehälter übernimmt, unter besonderen Corona-Bedingungen ist auf drei Monate angelegt, weitere drei Monate Verlängerung können Unternehmen beantragen. Einknickende Werbeeinnahmen lassen Verleger, Medienmanager und -eigentümer im März 2020 darüber hinaus bei der Bundesregierung um Akutbeihilfen etwa für Druck und Vertrieb vorstellig werden.
- 24. März 2020
Olympische Sommerspiele Corona-bedingt auf 2021 vertagt – nach Fußball-EM und, und, und… - Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und Japan sagen am 24. März 2020 die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020 definitiv ab und verschieben das globale Sport- und vor allem Fernsehgroßereignis um ein Jahr auf 2021 – wie zuvor etwa schon die Fußball-Europameisterschaft 2020 in Frankreich wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde und viele kleinere und größere medienrelevanten Ereignisse 2020 aufgeschoben oder abgesagt wurden, von Song Contest bis Dancing Stars bis Romy-Gala des Kurier. Fußball-WM und -EM sowie Olympische Spiele heben die ORF-Quoten üblicherweise in geraden Jahren um den einen oder anderen Prozentpunkt. Zugleich treiben sie die Rechte- und Produktionskosten des ORF-Fernsehsports in diesen geraden Jahren um rund 20 Millionen Euro Richtung 100 Millionen.
- 24. März 2020
Armin Wolf, Tarek Leitner, Nadja Bernhard ziehen für zwei Wochen als „Zeit im Bild“-WG in Isolationsbereich auf den Küniglberg - Der ORF richtet im März 2020 Isolationsbereiche ein, um insbesondere seine Information vor Corona-Ausfällen abzusichern. Am 24. März 2020 ziehen zunächst die Moderatoren Armin Wolf, Tarek Leitner, Nadja Bernhard und Margit Laufer samt Team für zwei Wochen auf den Küniglberg. Die Infomannschaft von Ö1 lehnt einen Isolationsbereich ab – was für einigen Konfliktstoff mit der ORF-Führung, insbesondere dem Sicherheitschef Pius Strobl sorgt. Fällt die Ö1-Info virusbedingt aus, soll daraufhin Ö3 auch die Ö1-Journale übernehmen, lässt die ORF-Führung daraufhin verlauten.
- 22. März 2020
ÖVP-nahe Mehrheit im ORF-Stiftungsrat – Türkis bestimmt nächste ORF-Führung - Die Regierung von ÖVP und Grünen beschickt am 11. März 2020 die 9 Regierungsmandate und 6 Parteimandate (auf Vorschlag der Parlamentsparteien) im Stiftungsrat neu. Ergebnis: eine türkise Mehrheit im obersten ORF-Gremium, die nötigenfalls auch alleine die nächste ORF-Führung bestimmen kann. Die ÖVP-Fraktion ("Freundeskreis") kommt auf 16 Mandate im Stiftungsrat, vier weitere Unabhängige im Stiftungsrat (entsandt von Regierung, Betriebsrat) stehen der ÖVP näher als anderen Parteien oder können zumindest als bürgerlich eingestuft werden. Für die Bestellung der ORF-Führung - regulär im Sommer 2021 mit 2022 - braucht es 18 Mandate aus insgesamt 35. Enthaltungen senken das nötige Quorum. Die SPÖ hat nun 5 Mandate, die FPÖ 4, die Grünen 3 und die Neos 1, dazu kommt eine Handvoll deklariert Unabhängiger. Die 2020 Neuen im Stiftungsrat:
- Jürgen Beilein (Ex-ÖVP-Ministersprecher) auf ÖVP-Regierungsmandat
- Ruth Strondl (Kunsthistorisches Museum, davor ÖVP-Ministerien) auf als unabhängig definiertem Regierungsmandat
- Bernhard Tschrepitsch (CV-nahe Akademikerhilfe) auf als unabhängig definiertem Regierungsmandat
- Marianne Schüttner (Betriebsrat, ORF-Finanzdirektion, Unabhängige-Listenkollegin von Radiobetriebsrätin Gudrun Stindl) auf einem Mandat des neu besetzten ORF-Zentralbetriebsrats
- Andrea Danmayr (Uni für angewandte Kunst) auf Grünem Regierungsmandat
- Lothar Lockl (Strategieberater, früher Manager und Kampagnenmanager der Grünen und 2016 von Alexander Van der Bellen) auf Grünem Regierungsmandat; Lockl wird Sprecher des grünen Freundeskreises im Stiftungsrat.
- Sigrid Pilz (Wiener Patientenanwältin) auf Grünem Parteimandat
- 15. März 2020
Corona: ORF schaltet „Zeit im Bild“ um 19.30 auf alle Kanäle durch – auf ORF 2 und ORF 1 bleibt es auch dabei - Der ORF positioniert sich in der Corona-Ausnahmesituation im Frühjahr 2020 – ohnehin in steter Verteidigungshaltung für seine Gebührenfinanzierung und vor dem nächsten Generalswahljahr 2021 – als staatstragende Zentralanstalt für Information, Service und Motivation. Am 13. März fährt die Regierung das öffentliche Leben im Land drastisch zurück, der ORF ist da längst und der Situation entsprechend in den großen Sondersendungsmodus gewechselt. Und am 15. März 2020 nimmt der ORF eine Rede von Kanzler Sebastian Kurz in der Zeit im Bild -Sendezeit zum Anlass, die Hauptnachrichten um 19.30 Uhr gleich auf alle vier ORF-Kanäle durchzuschalten. Diese Zeit im Bild hat (ohne spätere Abrufe) die meisten Zuschauer, seit der ORF 1991 die elektronische Quotenmessung begann: 2,77 Millionen im Sendungsschnitt, bei der Kanzlerrede waren es 2,92 Millionen. 67 beziehungsweise 68 Prozent Marktanteil. ORF-Chef Alexander Wrabetz ließ ohnehin erst in den Wochen zuvor wieder prüfen, ob die von ihm 2007 mit der (leider nur angekündigt) "größten Programmreform aller Zeiten" beendete Durchschaltung der Zeit im Bild auf ORF 1 und ORF 2 nicht doch wiederkehren soll. Die Arbeitsgruppe sagte nein, Corona bietet einen mehr als angemessenen Anlass, sie trotzdem auszuprobieren. Am 15. März sehen die ZiB auf ORF 2 2,24 Millionen, in ORF 1immerhin 442.000. Am 16. März sind 254.000 in ORF 1 dabei, insgesamt verfolgten 2,53 Millionen diese ORF-Hauptnachrichten auf allen Kanälen zusammen. Der ORF bleibt dabei: Zunächst für eine Woche geplant, bleibt es auf ORF 1 und ORF 2 dauerhaft bei der (einst vom neuen ORF-Chef Alexander Wrabetz in seiner nur vermeintlich "größten Programmreform aller Zeiten" 2007 beendeten) Durchschaltung auf ORF 1 und ORF 2.
- 15. März 2020
Regierungskampagne zur Corona-Krise für kolportierte 15 Millionen Euro - Die Regierung reagiert ab 15. März 2020 mit einer gewaltigen Werbekampagne auf Werbeausfälle bei Österreichs Medienhäusern als Corona-Folge ("Schau auf dich, bleib zuhause"). Kolportiertes Volumen: 15 Millionen Euro. 2019 gab die Regierung insgesamt für Werbung rund 25 Millionen Euro aus. Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Zeitungsverbandes VÖZ spricht im Ö1-Mittagsjournal (28. März 2020) von Stornoraten im Bereich von 40 bis 50 Prozent und Ausfällen von rund 40 Millionen Euro bei Österreichs Zeitungen, Zeitschriften und Fachzeitschriften. Verleger rufen nach Sonderförderungen für Druck und Vertrieb und schicken ihre Medienunternehmen reihenweise ab April 2020 in Kurzarbeit.