Blümel, Gernot (ÖVP)
Gernot Blümel (* 24. Oktober 1981 in Wien) ist enger Vertrauter von Kanzler Sebastian Kurz, lange ÖVP-Mediensprecher und Österreichs erster bürgerlicher Medienminister in der ÖVP-FPÖ-Koalition ab Dezember 2017. Und die nimmt sich für diesen Sektor einiges vor – bis Heinz-Christian Straches Ibiza-Video sie im Mai 2019 sprengt. Ab 2020 Finanzminister in der Koalitoin von ÖVP und Grünen.
Das Wichtigste
- Gernot Blümel zeigte schon als ÖVP-Mediensprecher viel Verständnis für die Anliegen privater Medien. Sein Credo: Kooperation österreichischer Medien, privater wie öffentlich-rechtlicher, gegen internationale Onlinekonzerne. Den ORF sieht Blümel in seinem Antrittsinterview als "Steigbügelhalter" der Privaten.
- Der schon weitgehend fertige ÖVP-Entwurf für ein neues ORF-Gesetz – mit Vorstand statt Alleingeschäftsführer, mehr Möglichkeiten im Web, aber keiner festgeschriebenen Zahl von ORF-Kanälen und Plattformen mehr – bleibt wegen des Ibiza-Videos vorerst in der Schublade.
- Ein Entwurf für Identifizierungspflicht vor dem Posten in Foren geht in Begutachtung, wird aber ebenfalls nicht mehr beschlossen. Sie bleibt im Programm der ÖVP, prominent auf Platz 20 unter 100 "Projekten" zur Nationalratswahl.
- Der staatlichen Wiener Zeitung die Pflichtinserate zu streichen, bleibt im Programm der Volkspartei.
- Beschlossen wird unter Medienminister Blümel 2019 ein Viertel mehr Geld für die Privatsenderförderung (20 statt 15 Millionen Euro im Jahr, der erste Antragstermin nach dem Beschluss ist für Oe24TV der Familie Fellner am ergiebigsten.
- ÖVP und FPÖ beschließen noch vor der Nationalratswahl 2019 eine Digitalwerbesteuer. 15 Millionen aus deren Einnahmen reserviert das Gesetz darüber als Förderung für Medien-Digitalisierung (nicht näher definiert).
- Blümel ist ÖVP-Chef in Wien und Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2020. Er wird in der Koalition mit den Grünen ab Jänner 2020 Finanzminister und bleibt Regierungskoordinator der ÖVP.
Das Letzte: Updates zum Ein-/Ausklappen
- 28. Januar 2022
Geheime Koalitions-Sideletter über ORF-Besetzungen zwischen ÖVP und FPÖ 2017 und zwischen ÖVP und Grünen 2020 - Am 28. Jänner 2022 recherchieren Profil und ZiB 2 des ORF zu ihnen zugespielten, bisher geheimen Sidelettern von ÖVP unter Sebastian Kurz und FPÖ unter Heinz-Christian Strache zu ihrem Koalitionsabkommen etwa über Posten im Verfassungsgerichtshof und über die künftige ORF-Finanzierung (Budget statt GIS) sowie über Besetzungen und Besetzungsschlüssel für den ORF-Stiftungsrat, die ORF-Geschäftsführung und Führungsjobs wie Channel Manager, Channel-Chefredakteure (großteils umgesetzt) sowie Hauptabteilungsleiter im – laut Verfassungsgesetz unabhängigen – ORF. Ex-ORF-General Alexander Wrabetz bestätigt in der Folge wunschgemäße Besetzungen, um den ORF insgesamt zu sichern, erklärte er. Die Reaktion auf diese Recherchen trägt die Handschrift der Kommunikationspolitik um Ex-Kanzler und Ex-ÖVP-Chef Kurz: An Oe24 werden an diesem 28. Jänner 2022 bisher ebenfalls geheim gehaltene Sideletter von ÖVP und Grünen über Besetzungsschlüssel im Stiftungsrat und in der ORF-Geschäftsführung geleaked (über deren Inhalte nicht nur ich im Standard seit Koalitionsbeginn ÖVP/Grüne mehrfach berichtet habe). Es geht um die Regierungsmandate im Stiftungsrat (fünf ÖVP, zwei von der ÖVP ausgesuchte "unabhängige", die allerdings an Fraktionssitzungen der ÖVP teilnehmen, und zwei Grüne) sowie um den Schlüssel für die Generals- und Direktorinnenwahl 2021 (General und zwei Direktoren im Sinne der ÖVP, zwei dürfen die Grünen nominieren). Mehr unter dem Lexikonstichwort Sideletter.
- 7. Januar 2020
Koalition ÖVP/Grüne: Kanzler Kurz als Medienminister, Message Controller Fleischmann als Medienpolitik-Beauftragter - Am 7. Jänner 2020 wird die erste Regierungskoalition von ÖVP und Grünen unter Kanzler Sebastian Kurz mit Vize Werner Kogler angelobt. Ihr Regierungsprogramm verspricht
- im Gegensatz zu ÖVP/FPÖ Medienfreiheit und Unabhängigkeit zu als medienpolitische Leitprinzipien,
- einen "unabhängig finanzierten ORF", gesetzlich zur Zusammenarbeit mit Privaten verpflichtet und mit für die Öffentlichkeit zugänglichem Archiv,
- einklagbares Recht auf "Informationsfreiheit" statt Amtsgeheimnis und Amtsverschwiegenheit,
- die "Marke" Wiener Zeitung ohne Pflichtveröffentlichungen in Papierform,
- eine "Überprüfung" und Angleichung von Medienförderungen, einen Medienfonds und eine Startup-Initiative,
- Maßnahmen gegen Hass und Desinformation im Netz,
- höhere Strafen für Medien, die Identität und Privatsphäre von Opfern missachten
- 12. Juli 2019
Privatrundfunkförderung auf 20 Millionen aufgestockt: Fellner räumt ab - Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) brachte im Frühjahr 2019 recht rasch (und rechtzeitig vor dem Regierungsende) ein Viertel mehr Privatrundfunkförderung auf den Weg – schon 2019 gibt es 20 statt bisher 15 Millionen für kommerzielle TV- und Radiokanäle. Beim zweiten Vergabetermin dieses Jahres im Juli 2019 räumt vor allem ein Sender ab: Oe24.TV kann seine Förderung mehr als verdoppeln – zu 985.000 Euro beim ersten Termin im Jänner kommen nun weitere 1,095 Millionen (etwa für eine "Medien-Show" und viele Wahlformate). RTR-Geschäftsführer Oliver Stribl entschied hier nach meinen Informationen gegen die Empfehlung des Fachbeirats für mehr Förderung als empfohlen. Puls 4 kommt 2019 auf rund 2,2 Millionen Euro Förderung, Konzernschwester ATV auf 1,73 Millionen, Servus TV auf 1,7 Millionen und Krone.tv auf immerhin 1,3 Millionen. Mehr dazu demnächst unter Medienförderungen. Die etwas unübersichtlichen Daten der RTR dazu finden Sie unter diesem Link.
- 2. Juli 2019
Clivia Treidl wechselt von Oe24 zu Puls 4 - Moderatorin und Societyreporterin Clivia Treidl wechselt von Oe24 zu Puls 4, also von Fellner zu Breitenecker, berichtet TV-Media; Treidl ist die Lebensgefährtin von Gernot Blümel, Kanzleramts- und Medienminister in der ersten türkisblauen Koalition von ÖVP und FPÖ und einer der wichtigsten Wegbegleiter von Sebastian Kurz.
- 12. Juni 2019
Blauer Schraubendreher: Offene Worte, wie die FPÖ ORF-Manager sieht - FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein offenbart am 12. Juni 2019 in den Salzburger Nachrichten recht unbeschwert, wie er und wohl auch seine Partei den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF sehen. Der Redakteur fragt nach Umfärbungen von rot auf blau im ORF, er verweist auf den von ÖVP und FPÖ geplanten ORF-Vorstand, in dem die FPÖ zwei von voraussichtlich vier Mandaten besetzen sollte. Jenewein: "Das wären dann zwei von 2500. Wenn die ÖVP an einer Schraube dreht, drehen sich 250 andere mit. Bei mir gäbe es dann zwei Schrauben, die ich unter Kontrolle habe." Der FPÖ-Manager äußert auch praktische Gründe, warum das Umfärben auf den unteren Ebenen auf Blau gar nicht so einfach ist. Einerseits stehe "das Redaktionsstatut über allem. Zum anderen, weil es in den Redaktionen keine freiheitlichen Journalisten gibt. Das ist ein Nachteil für die FPÖ, aber ein Vorteil, weil wir unbefangen reingehen können." Die ÖVP/FPÖ-Koalition endete knapp ein Monat davor, als bekannt wurde, wie Heinz-Christian Strache gegen Staatsaufträge mit einer vermeintlichen russischen Oligarchin die Kronen Zeitung und womöglich auch einen ORF-Sender kapern wollte.
- 17. Mai 2019
Ibiza-Video: Strache, Gudenus wollten Russin zur Übernahme der Krone bewegen - Spiegel und Süddeutsche Zeitung veröffentlichen ein Video von FP-Chef Strache und Klubchef Johann Gudenus, in dem sie 2017 auf Ibiza einer angeblichen russischen Oligarchennichte Staatsaufträge versprechen, wenn sie die Krone übernimmt und vor der Wahl 2017 auf FPÖ-Kurs bringt. Die FPÖ-Politiker tappten da in eine heimlich gefilmte Falle. Am 18. Mai 2019 treten Strache und Gudenus zurück. Kanzler Sebastian Kurz verkündet das Ende von Türkis-Blau 1 und Neuwahlen.
- 10. April 2019
ÖVP-Gesetzesentwurf für Identifizierungspflicht in Foren geht ans Parlament - Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) übermittelt dem Parlament am 10. April 2019 seinen Gesetzesentwurf über Registrierungs- und Identifzierungspflicht für Foren. Nicht allein im Standard wird das "Gesetz für Sorgfalt und Verantwortung im Netz" als Angriff auf die größte Medien-Community im deutschsprachigen Raum gesehen - auch wenn sich der ÖVP-Medienminister andererseits europäische und österreichische Social-Media-Plattformen wünscht, die den US-Giganten wie Facebook gegenübertreten. Die Begutachtungsfrist endet am 23. Mai 2019 – wenige Tage nach Ibiza-Gate wird die ÖVP-FPÖ-Regierung da gerade durch ein Beamtenkabinett abgelöst. Den Entwurf finden Sie hier auf der Seite des österreichischen Parlaments (Link).
- 1. November 2018
Krone-Innenpolitikchef Claus Pándi wird nach Salzburg versetzt - Claus Páandi, langjähriger Innenpolitikchef der Krone und Intimus von Exkanzler Werner Faymann und Exkanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) wird, kundgetan am 5. September 2018, mit November 2018 als Chefredakteur der Salzburg-Krone nach Westen geschickt. Pándi teilte die Begeisterung des Kleinformats für die Regierung Sebastian Kurz in seinen Texten nicht durchgängig. Und: Ein Regional-Chefredakteur bedeutet einen finanziellen Bonus gegenüber den bisherigen Einkommensverhältnissen, höre ich aus der Krone.
- 1. September 2018
Neuer Geschäftsführer für die Wiener Zeitung - Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) verlängert den bis Ende Juni 2019 laufenden Vertrag des von Faymann/Ostermayer (SPÖ) eingesetzten Sozialdemokraten Wolfgang Riedler als Chefredakteur der republikseigenen Wiener Zeitung nicht. Martin Fleischhacker (* 21. November 1975)), Chef von IT und Rechnungswesen des Republiksorgans, rückt per 1. September nach.
- 1. Juli 2018
Medienminister Blümel holt Autor für das ORF-Gesetz - Ab Anfang Juli 2018 hat der damalige Medienminster Gernot Blümel (ÖVP) einen kundigen Rundfunkjuristen in seinem Kabinett, um das neue ORF-Gesetz zu konzipieren: Philipp König, davor seit 2012 im ORF als Rechtsexperte tätig - beim Chefproducer (Roland Weissmann) etwa und ab 2015 beim Finanzdirektor, zunächst Richard Grasl, ab Herbst 2016 dann bei Andreas Nadler.
- 7. Juni 2018
Medienenquete der Regierung: Inszenierung, Finanzierung - Zwei Tage große, perfekt organisierte Medienenquete mit internationaler Besetzung (Zeiler, Doepfner, Jourova, Pörksen) am 7. und 8. Juni 2018. Keine relevanten Stimmen für Budgetfinanzierung des ORF, aber viele für Gebühren. Breitenecker (ProSiebenSat1) rückt von Forderung nach Gebühren für Private ab (will aber einen Anteil an ORF-Werbeeinnahmen). Blümel fasst zusammen – und vermeidet dabei ORF-Themen, insbesondere die Finanzierung. Nun geht es ans ORF-Gesetz. Aber nicht rasch genug, um vor #Ibizagate ein knappes Jahr darauf damit fertig zu werden.
- 4. März 2018
Schweizer stimmen mit großer Mehrheit gegen Abschaffung der Rundfunkgebühren - Die Nobillag-Volksabstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühren (Haushaltsabgabe) scheitert am 4. März 2018 in der Schweiz - für die Gebührengegner und Initiatoren des Plebiszits: 71,6 Prozent der Abstimmenden - das sind wiederum 54,1 Prozent der Stimmberechtigten - lehnten die Abschaffung ab. Die SRG verspricht zu sparen und Reformen – etwa mehr Geld für Information und Schweizer Programm.
- 17. Februar 2018
ÖVP und FPÖ machen ihre faktische Zweidrittelmehrheit im ORF fix - Franz Küberl, seit 20 Jahren unabhängiger Kurator/Stiftungsrat im obersten ORF-Gremium, erfährt, dass er sein Mandat los ist. Der Präsident des Katholischen Familienverbands übernimmt sein Regierungsmandat (er betont, er agiere so unabhängig wie Küberl); die FPÖ bekommt dafür den Sitz der oberösterreichischen Landesregierung. Immerhin: 2000 bekam die ÖVP 6 Regierungsmandate, die FPÖ nur drei.
- 29. Dezember 2017
ÖVP-Medienminister Blümel sieht ORF als „Steigbügelhalter“ für private Medien - Der neue Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) sagt im Standard-Interview, er sieht die Rolle des ORF als "Steigbügelhalter" und "Schuhlöffel" für private Medien, etwa bei einer gemeinsamen Digitalplattform. Auf Gebührenfinanzierung will er sich nicht festlegen.
- 18. Dezember 2017
Kabinett Kurz-Strache: Die zweite ÖVP-FPÖ-Regierung wird angelobt - Türkis-blaue Medienpläne: Neue ORF-Gremien, verschärfte Regeln für Journalisten für "Objektivität", ORF-Inhalte für Private, ORF-Vermarktungsplattform mit Privaten, Leistungsschutzrecht, Besteuerung für Google, Facebook. Gleich am selben Abend gastieren Kurz und Strache als erstes Regierungsduo im Hauptabendprogramm des ORF, befragt von Armin Wolf/Claudia Reiterer.