Medienpolitik kann – zack, zack, zack – Regierungen sprengen: Das zeigte das heimlich in einer Finca auf aufgenommene Video über Heinz-Christian Straches Fantasien einer Medienlandschaft unter politischer Kontrolle nach dem Vorbild von Viktor Orbáns Ungarn am 17. Mai 2019 recht anschaulich. Und es zeigt anschaulich, wie Politiker über Medien denken (können).

Das Wichtigste aus Mediensicht

  • Das heimlich aufgenommene und in Ausschnitten von Süddeutscher Zeitung und Spiegel am 17. Mai 2019 veröffentlichte Ibiza-Video von einem illuminierten Abend auf der Partyinsel beendet die Regierungskoalition mit der ÖVP und die lange FPÖ-Obmannschaft von Heinz-Christian Strache recht plötzlich.
  • Strache versucht im Video, eine vermeintliche russische Oligarchentochter mit der Aussicht auf Staatsaufträge zu überzeugen, die Kronen Zeitung zu übernehmen und "zack, zack, zack" auf FPÖ-Linie zu bringen, er will dafür drei, vier Journalisten dort austauschen, eine Handvoll einsetzen und weitere aufbauen. Auch Kanäle des öffentlich-rechtlichen ORF könnte die angebliche Milliardärin übernehmen.
  • Die Krone und die Herausgeberfamilie Dichand ist ohnehin schon hochnervös, weil Ende 2018 mit dem Immobilientycoon René Benko ein anderer Oligarch eingestiegen ist, der beste Kontakte zu ÖVP-Chef Sebastian Kurz unterhält. Das ließ kurzfristig sogar die innige redaktionelle Liebe der Krone zu Kurz (vorübergehend) merklich abkühlen. Das über Jahrzehnte symbiotische Verhältnis des übergroßen Kleinformats zur FPÖ endet mit Straches Ibiza-Phantasien jäh. Die FPÖ beklagt sich fürderhin bitterlich über die nun nicht mehr "unabhängige" Berichterstattung, über Kampagnen gegen sie, als just die Krone im Herbst 2019 die nächste Liederbuch-Affäre aufdeckt und mehrfach darüber titelt.
  • Journalisten bezeichnet Strache im Video pauschal als Huren, Strache nennt als aus seiner Sicht positives Beispiel Richard Schmitt. Strache sprichtwörtlich von einem "einen der besten Leute, die es gibt, er habe mit ihm erst kürzlich telefoniert. Schmitt sei "das Messer angesetzt worden von den anderen Parteien, weil er zu kritisch geschrieben hat", sagte Strache in der Finca.
  • Einen schon länger schwelenden Machtkampf Schmitts mit Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann entscheidet das Video offenkundig. Schmid geht auf Anraten des Herausgebers auf einen längeren Urlaub, er verliert Beraterfunktion und Chefredaktion und wechselt mit 1. August 2019 zum Erzfeind der Dichands, Wolfgang Fellner, als Chefredakteur für Oe24.at und Oe24.TV.
  • Das Ende der Koalition lässt ORF-Chef Alexander Wrabetz und die ORF-Journalisten aufatmen. Die FPÖ drängte in der Koalition vehement auf ein Ende der GIS-Gebühren; der ORF sollte aus dem Bundesbudget finanziert werden, und das bedeutet potenziell noch höhere Abhängigkeit von der Politik. Ein ziemlich fertiges ORF-Gesetz der ÖVP sah einen Vorstand statt des bisherigen Alleingeschäftsführers (Alexander Wrabetz, bis Ende 2021 bestellt) vor. Dafür ist die Kanzlerpartei ÖVP weiterhin – aber die Neuwahlen verzögern ein neues Gesetz und eine neue Führung jedenfalls.
  • Dem Koalitionsende folgen Neuwahlen und Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen.

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Das Letzte: Updates zum Ein-/Ausklappen

Die Gratiszeitung Heute berichtete am 21. August 2019 über das Buch der #Ibizagate-Aufdecker Frederik Obermaier und Bastian Obermayer (Süddeutsche Zeitung)mit einem angeblichen Zitat Heinz-Christian Straches, das angeblich aus dem unveröffentlichten Teil des Ibiza-Videos stammt, aber nicht im Buch vorkommt. Strache soll demnach dort gesagt haben, nach einer Übernahme der Kronen Zeitung wären nur noch "der Schneebrunzer von der Zeitung Österreich" und der ORF dann die "einzige Konkurrenz". Wolfgang Fellner klagt in einem medienrechtlichen Verfahren auf Entschädigung. Strache erscheint nicht als Zeuge zum ersten Verfahren, nach einer Ordnungsstrafe sagt er beim zweiten Termin aus, er habe das nach seiner Erinnerung nie gesagt. Vor dem dritten Termin am 9. Dezember zieht Fellner seine Klage Ende der Vorwoche zurück.

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