Rennbahn-Express (Xpress)
Das Erstlingswerk der Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner – eine Salzburger Schülerzeitung, die sie zu Österrreichs größtem Jugendmagazin pushten. Mit all ihren immer gleichen Rezepturen, vor allem dem sehr, sehr engen Zusammenspiel von Redaktion, Anzeigenverkauf und gewaltigem Marketing.
Das Wichtigste
- Mit der Schülerzeitung Rennbahn-Express zeigen Wolfgang und Helmuth Fellner, ab 25. September 1968 wie sie Medien machen – mit 14 und 12 Jahren. Sie machen daraus Österreichs größtes Jugendmagazin.
- 1988 verkaufen sie Rennbahn-Express und ihr zweites Magazin Basta dem Kurier, arbeiten kaum mehr als ein Jahr für die Zeitung, kommen dort mit ihren Konzepten für eine Billigtageszeitung und ein Wochenmagazin nicht durch und gründen 1992 in Eigenregie und mit dem deutschen Verlagskonzern Springer News, der Ausgangspunkt ihrer Verlagsgruppe News (VGN).
- Fellner-Medien ohne Fellners funktionieren eher nicht. Der Kurier verkauft Basta 1994 dem Konkurrenten Wiener, das Heft verschwindet gleich, die Marke Basta wenig später aus dem Wiener-Logo.
- Der Rennbahn-Express kommt 2001 mit der Formil-Fusion zur VGN. Mit November 2003 tauft Rudi Klausnitzer als VGN-Manager das Heft um in Xpress.
- Mit Juni 2013 stellt Axel Bogocz als VGN-Manager das gedruckte Heft ein.
2008 fragte mich die damalige Geschäftsführerin der Styria-Buchverlage, ob ich eine Biografie über Wolfgang Fellner schreiben möchte. Ich mochte nicht, tat es aber trotzdem. Ich kannte Wolfgang Fellner schon eine Weile, und ich wollte nicht, dass jemand ein Buch über ihn schreibt, der oder die womöglich nicht erkennt, wie Wolfgang Fellner sich und die Welt sieht. 2009 erschien Österreichs manischer Medienmacher. Die Welt des Wolfgang Fellner unter dem bei Pippi Langstrumpf entlehnten, mir passend erscheinenden Motto: "Zwei mal drei macht vier widdewiddewitt und drei macht neune, ich mach’ mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt."
Das Kapitel über den Rennbahn-Express, das Erstlingswerk der Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner, zeigt schon das gesamte, immer wiederkehrende Repertoire der Fellners. Hier eine kleine, wie ich meine sehr illustrative Leseprobe aus meiner Fellner-Bio, erschienen (und Stand) 2009:
Rennbahn-Express – eine Leseprobe:
Der Erfinder des Jugendmagazinwunders von Österreich hat längst graue Haare. Gelockt und grau, so ragen sie auch aus dem offenen Hemdkragen, unter der Goldkette um den Hals. Blaues Sakko, gestreiftes, dunkles Hemd, Jeans, großer Café Latte.
Verschmitzte Augen hat der erste „Verleger, Eigentümer, Chefredakteur“ des Rennbahn-Express, so stand es 1969 im Impressum des noch von den Redakteuren eigenhändig vervielfältigten Blättchens. Breites Lächeln zwischen schon etwas tieferen Furchen durchs Gesicht. Der Erfinder des erfolgreichsten Popblättchens der Alpenrepublik steht bei unserem Gespräch 2009 bei jeder Witterung auf dem Mozartplatz von Salzburg und verkauft Touristentouren. „Sound of Music“, Mozart, Hitler ebenso, Führer-Fahrten quasi, auf den Obersalzberg.
Karl Vilsecker heißt der Mann. Vilsecker hat 1968, mit fast 14 Jahren, jenen Rennbahn-Express erfunden, mit dem die Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner bald Magazingeschichte schrieben. Bald ohne Vilsecker. Gegerbt ist sein Gesicht nicht nur vom Wetter: Berufssportler war er schon, Rennfahrer zum Beispiel, und Wirt. Das zeichnet Menschen besonders. Zehn Jahre hat der Mann am Stadtrand von Salzburg vom Hilfsarbeiter bis Placido Domingo im Gasthaus „Zum Eigenherr“ praktisch alle Welt verköstigt. Und baute schließlich eine ziemliche Pleite. Das Wirtshaus führen längst andere. Den Rennbahn-Express auch.
„Ich freue mich ganz besonders, dass der geistige Vater des Rennbahn-Express unter uns ist“: So hörte Karl Vilsecker Wolfgang Fellner 2004 bei der Taufe seines vierten Kindes Benedikt sagen, in Mondsee, wo eine der Villen des vielfachen Medienmillionärs steht. Und Vilsecker vernahm einen Nachsatz: „Aber dieser Erfolg gehört mir.“ Welchen Erfolg er damit meint, habe der Daumen von Fellners rechter Hand gezeigt, den er über die Kuppen von Zeige- und Mittelfinger rieb: Geld. Viel Geld. Vilsecker fühlte sich, augenzwinkernd, gedemütigt, vor den Russwurms und Mahrs und Dutzenden anderen ständigen Ensemblemitgliedern des Fellnerschen Medientheaters, vom Wolfi aus der Parallelklasse am Akademischen Gymnasium. Vilsecker erklärt, er war froh, dass er 2004 kein Rotweinglas in der Hand hatte: Er hätte seinen Inhalt, ohne zu zögern, in Fellners Richtung geschüttet.
Wolfang Fellner sagt, die Szene hat so nie stattgefunden: „Glatt falsch. Herr Vilsecker dürfte hier schlicht etwas erfunden haben, dafür gibt es Dutzende Zeugen.“ Und Fellner erklärt wörtlich: „Ich habe bei der Taufe meines vierten Kindes in Mondsee ganz sicher keine Rede gehalten, auch keine Ansprache.“ In einem News-Extra zu Wolfgang Fellners 50. Geburtstag steht auf Seite 82 ein Bild von Benedikts Taufe in der Kapelle am Mondsee, die viele, viele Sonnenblumen schmücken. Rechts sitzt Uschi Fellner und schaut sinnend an die Decke, neben ihr lauscht Vera Russwurm andächtig, den kleinen Benni im Arm, und links im Bild Wolfgang Fellner. Lesebrille auf der Nase, den Blick ins Publikum gewandt, in der Hand mehrere, wie gewohnt gefaltete und quer, hier eng beschriebene A4-Zettel, den Mund (offenbar laut) sprechend weit geöffnet. Was tut der Mann da bloß, wenn das keine Rede, keine Ansprache ist? Bildtext in News dazu: „Besinnlich. Privatfeier am Mondsee zur Taufe des kleinen Benedikt.“
Vilsecker fehlt in dem Moment nicht nur Schüttgut. Reichlich hat Vilsecker damals, nach der Pleite seines letzten Wirtshauses, vor allem Schulden. Statt bei Fellners Fete Rotwein zu suchen, verlässt Vilsecker hastig das Fest. So hastig, wie er 26 Jahre davor in Wolfgangs Zimmer in der Salzburger Rennbahnsiedlung gestürzt ist.
„Donnerstag, 19. September 1968: Es regnet in Strömen! Um 13.45 Uhr kommt Karl Vilsecker zu uns herüber. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er noch nicht, dass er in zwei Stunden unser Haus als Chefredakteur verlassen wird. Als Chefredakteur des ‚Rennbahn-Express’ nämlich.“ So beschrieb das Blatt 1968 seinen eigenen Start. „Der ‚Rennbahn-Express’ wird geboren“, nannte Wolfgang Fellner die Story, schon damals seiner Bedeutung bewusst. Vilsecker „stürzt in mein Zimmer und ruft: ‚Ich habe eine ganz tolle Idee, Wolfi!’ Zehn Minuten tuschle ich mit ihm, dann durfte es auch mein Bruder erfahren: Der ‚Rennbahn-Express’ war geboren.“ Vor allem als Freizeitbeschäftigung der „kräftigen Fußballfans“, wenn ihnen „an Regentagen ohne Fußball fad war“. Aller Anfang eines österreichischen Medienmultis ist Schnürlregen. Es regnet ziemlich oft in Salzburg. Der Rennbahn-Express beginnt gleich, hoch ambitioniert, als Wochenblatt.
Das erste Inserat im Rennbahn-Express schaltete der Frisiersalon Iris aus der Salzburger Rennbahn-Siedlung, mehr dank des „persönlichen Engagements“ von Helmuth Fellner denn als wirksame Werbemaßnahme.
Am 25. September 1968 bringen Karl Vilsecker, Wolfgang Fellner und dessen Bruder Helmuth die erste Ausgabe auf den Markt. Karl und Wolfgang fehlen da nur wenige Tage auf ihren 14. Geburtstag. Helmuth wurde Wochen davor zwölf. Es ist nicht Wolfgangs allererstes Medienprodukt: Schon 1967 bastelte er einen „Mini-Kurier“. Doch ernst wurde es erst mit dem Rennbahn-Express. „Ich war schon immer beseelt, eine Zeitung zu machen“, sagt Wolfgang Fellner 2009. Die Buben produzieren ein ziemlich ungewöhnliches Heft, schreibt Wolfgang Fellner später: „Eine mit viel Ambition gemachte Schülerzeitung, die eigentlich gar keine Schülerzeitung war – sondern ein wöchentlich erscheinendes (!) Sportblatt.“ Fellner und Vilsecker kickten im Salzburger Athletik-Sportklub mit, sagt Fellner: „Er deutlich besser als ich, beide nicht schlecht. Aber zu einer wirklichen Profikarriere fehlten uns Talent und Können.“ Also die eigene Zeitung. Irgendwo muss ein angehender Sportreporter wie Wolfgang Fellner anfangen.
Die allererste Ausgabe vervielfältigen die drei Jugendlichen mit Durchschlagpapier. Sechs Seiten, zehn Exemplare, in der Rennbahnsiedlung verkauft um 2,50 Schilling. Inhalt: Probleme in der Nachbarschaft, viel Sport eben, ein Kreuzworträtsel. In den ersten zehn Ausgaben 1968 finden sich noch keine Anzeigen, erst ab 1969: ein Bastlerbedarf etwa und ein Friseur aus der Siedlung („Für Ihre Schönheit empfiehlt sich Frisiersalon Iris“), alles handgezeichnet. „Durchwegs Gefälligkeitsannoncen von Verwandten oder Bekannten der Redakteure“, schrieb Peter Baumgartner, lange selbst Redaktionsmitglied des Rennbahn-Express, 1979 in seiner Dissertation. Die Schaltungen „beruhten mehr auf persönlichem Engagement denn auf der Idee einer wirksamen Werbung“. Das Prinzip sollten wir uns merken: Persönliches Engagement der Fellners wiegt bei Anzeigenkunden bisweilen so schwer wie Werbewirkung, oder schwerer.
2006, vor dem Start von Österreich, sagt Geschäftsführer Josef Niedermeier Fellners Sohn Niki für dessen Bachelor-Arbeit über die neue Tageszeitung: „Das Anzeigengeschäft läuft in Deutschland viel mehr über große Mediaagenturen, während in Österreich das Anzeigengeschäft mehr auf Basis von Vertrauen in das Produkt und in die dahinter stehenden Personen beruht. In Deutschland stehen die rein qualitativen Bewertungskriterien im Vordergrund.“ Dieses früh entdeckte Rezept werden die Fellners bis 2006 noch viele, viele Male nachkochen.
Schon Ausgabe 2 des Rennbahn-Express im Oktober 1968 stellt das Trio professioneller her: Im Historischen Institut der Universität Salzburg verschafft ihnen Vater Fritz Fellner, dort Professor für neuere Geschichte, Zugang zu einer Vervielfältigungsmaschine mit Wachsmatrizen. Die Druckauflage steigert das auf 20 bis 40 Exemplare mit acht bis zehn Seiten, nun auch schon an ihrer Schule verkauft. Nicht zum letzten Mal fördert Professor Fritz das publizistische Schaffen seiner Sprösslinge.
Schon auf den ersten Metern ihrer verlegerischen Tour de Force zeigen die Mittelschüler Wolfgang und Helmuth Fellner Ende der 1960er Jahre viele jener Maschen, Tricks und Kniffe, mit denen sie bis zu Österreich immer und immer wieder bedrucktes Papier unter Leser und Anzeigenkunden bringen. Meist erfolgreich. Manchmal weniger. Wer Österreich kennt, erlebt beim Blick auf Fellners frühen Rennbahn-Express ein kleines Déjà-vu. Ausgabe fünf vom 25. Oktober 1968 etwa: Keine klare Headline, dafür Hinweise auf gleich acht Elemente des Hefts. Das bleibt Methode. Mitte der 1980er-Jahre vermerkt eine Arbeit über das Popmagazin, seine Titelseite unterscheide sich nur durch „noch größere Unübersichtlichkeit“ von Stern, Neue Post und Bravo. Aber: „Die überfüllte ‚Auslage’ der Zeitschrift scheint zu funktionieren.“ Fellners Spätwerk Österreich zwängt oft vier, fünf, sechs oder mehr fette Schlagzeilen auf sein Zeitungscover.
Der fünfte Rennbahn-Express aus 1968 feiert links oben auf der Titelseite die Olympischen Spiele in Mexiko patriotisch: „Und wieder eine Medaille für ‚Austria’“. Völlig gleichwertig rechts oben als zweiter Aufmacher: „Großes Preisrätsel – wollen Sie gewinnen, lesen Sie diese Ausgabe.“ Gewinnspiele als Titelstory ziehen sich durch das Schaffen der Fellner-Brüder – etwa auf den ersten News-Covers, die Flugkilometer mit Niki Lauda verlosten oder Casinojetons mit dem Glücksspielchef. Die Tageszeitung titelt vor der Fußballeuropameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz: „Gewinnen Sie Ihr EUROTicket.“
Mit ihren „Preisrätseln“ zeigen die Fellner-Brüder und Vilsecker 1968 längst das Kaufmännische Talent, das ihre Alterskollegen nur als Brettspiel kennen: „DKT“, die österreichische Variante von „Monopoly“. Apropos Monopoly: Schon in jungen Verlegerjahren erproben die Magazinbrüder einen schlauen Schachzug auf dem Weg zum Monopolisten, den sie 2001 mit der Megafusion ihrer Verlagsgruppe News mit den Kurier-Magazinen auf einen vorläufigen Höhepunkt treiben. 1972 legen sie den Rennbahn-Express mit dem Konkurrenten „ConFront“ zusammen. Das „ConFront“-Logo verschwindet binnen weniger Wochen wieder vom Cover der nun gemeinsamen Schülerzeitung, und übrig bleibt der Rennbahn-Express. Nicht nur Fellner sagt „Con-Front“ heute nichts mehr.
Vorbilder gibt es: Kurt Falks „Krone“ hat Ende November 1970 der SPÖ das Konkurrenzblatt „Express“ abgekauft, Ende April 1971 der „Kronen Zeitung“ einverleibt und nach wenigen Tagen den Vermerk „Express vereinigt mit Kronen Zeitung“ wieder von Seite 1 des Kleinformats verschwinden lassen. Das Boulevardblatt „Express“, anfangs geleitet vom späteren ORF-Langzeitgeneral Gerd Bacher, zählte früh zu Wolfgangs Lieblingslektüre. Von dessen Zeitungstitel leiteten die Salzburger Halbwüchsigen Rennbahn-Express ab. Von „Express“, Kurier und wohl vor allem Falks „Krone“ lernten sie das Erfolgsrezept Gewinnspiel.
Beim „großen Preisrätsel“ von 1970 zeigen die Fellners schon eines der ersten von noch aberhunderten Tausch- und Gegengeschäften: Vom Jugendhilfswerk sah man gerade die erste farbige Anzeige im Rennbahn-Express, nun stammt der Hauptpreis von dieser Organisation, ein Ski-Sonntag. Und sie ködern Leser wie die Großen: Sechs Ausgaben gilt es nicht zu versäumen, die Preisfragen beziehen sich auf Inhalte der Schülerzeitung, die Antwortkarte liegt am Schluss bei, und Gewinner werden nur im Heft veröffentlicht. So machte Kurt Falk die „Krone“ groß und den Kurier mürbe und schoss die Konkurrenzzeitung „Express“ sturmreif. 1968, im Gründungsjahr des Rennbahn-Express, überholten Hans Dichand und Falk mit ihrem Kleinformat den Kurier, der ihre Leserzahlen seither nie wieder erreichte. Auch später nicht unter der – kurzen – Führung der Fellners. Ab 2006 macht sich Wolfgang dann mit seiner eigenen Zeitung auf die Jagd nach Österreichs „Krone“.
Rezepte „für Sie“ versprechen schon in den ersten Ausgaben des Rennbahn-Express Nutzwert. Wolfgangs jüngerer Bruder Helmuth war für die Kochanleitungen zuständig, er wollte ja Konditor werden. Bald demonstriert Helmuth mit Heft- und Abobeigaben mehr Nutzen als nur Lektüre.
Wolfgangs ewiges Lieblingswort „exklusiv“ taucht früh im Rennbahn-Express auf. Er verfasst keine Schulserie, eine „Exklusivserie“ muss es sein. Die Weihnachtsnummer 1969 („Die Sensation des Jahres“) bringt ein „Exklusivinterview“ mit Formel-1-Fahrer Jackie Ickx (mit dem garantiert einzigartigen Titel: „Mein Name ist Jackie“) und eine „Exklusivbetrachtung“ über „Weihnachten heute“.
Das Editorial der nächsten Ausgabe zeigte schon einen Wolfgang Fellner in voller Marketingpotenz (Satzzeichen wie im Original): „Der Beifall für unsere Weihnachtsnummer war so groß, dass wir uns entschlossen haben, das Titelblatt weiterhin in derselben Art zu drucken und zu heften!!“ Und: „Uns bleibt zu hoffen, dass der Erfolg, der uns im letzten Jahr beschieden war, auch 1970 anhalten möge. Unser sehnlichster Wunsch: Dass unsere Auflagenziffer noch mehr steigen möge, und dass wir dem Leser noch mehr Stoff bieten können!!“ Merke: Hier schreibt ein Mittelschüler von 15 Jahren. Auch Titel wie diesen: „Alles wird teurer – wir werden billiger!!“, Anfang 1970. So ähnlich versucht er 2008, eine Preiserhöhung von Österreich als Maßnahme gegen die Inflation zu verkaufen. 1970 las sich die Preissensation so: „Nach dem großen Erfolg unserer Weihnachtsnummer, der sowohl auf geschäftlicher wie auch inhaltlicher Ebene lag, beschloss unsere Redaktion (wohl noch in einer Art Siegesrausch), den Gesamtpreis des ‚Rennbahn-Express’ auf 2.– herabzusetzen. Das, obwohl wir demnächst wieder eine Seitenerhöhung planen und in letzter Zeit sowohl Papier- wie auch Nebenspesen gestiegen sind.“
21. November 1968, Ort: „Mississippi-Dampfer“ auf dem Ferdinand- Hanusch-Platz in Salzburg. Die Männer am Imbiss auf dem „Dampfer“, einer dreieckigen Verkehrsinsel mit Kartenbüro und ein paar Geschäften, haben den Buben den Rennbahn-Express„aus der Hand gerissen“, erinnert sich Karl Vilsecker. Da hätten die Buben „gesehen, das könnte gehen“. Rapid gegen Real Madrid: Die erwachsenen Zeitungen hätten das sensationelle Ergebnis des Europacupspiels der Meister nicht mehr in ihre Ausgaben gebracht, sagt der damalige Boss des Schülerblatts. Die Fellners und er vervielfältigten ihr Heft in der Nacht mit der brandaktuellen Headline: „Fußballwunder von Wien: Real an die Wand gespielt, Rapid – Real Madrid 1:0.“
Das Ausnahmespiel im Wiener Stadion fand am Abend des 20. November 1968 statt, einem Mittwoch. Eine noch verfügbare Ausgabe des Rennbahn-Express mit der Aufmacherstory über Rapids Triumph trägt das Datum 22. November 1968, „achte Auflage“. Die Szene am Würstelstand ereignete sich nach Vilseckers Erinnerung noch in der Nacht nach dem Spiel. Die Story passt hervorragend zu Wolfgang Fellners weiterem Schaffen. Prägend, auch wenn sie Rapid nicht unbedingt zu seinem Lieblingsklub machte.
Die Seiten von News hielt Wolfgang Fellner wider alle Proteste der Druckerei bis in die frühen Morgenstunden offen. Stolz betonte er über Jahre, dass er Bill Clintons Wahlsieg vom 3. November 1992 noch als Coverstory ins aktuelle Heft brachte: Mit seinem Wochenmagazin ist Fellner bei der US-Wahl schnell wie Österreichs Tageszeitungen. Schneller, würde Fellner sagen. Wie damals auf dem Mississippi-Dampfer von Salzburg, im November 1968, mit dem „Fußballwunder von Wien“.
Das zeigt eine andere Seite Wolfgang Fellners beim Medienmachen, und keine unwesentliche: Marketing ist eine zentrale Säule, aber Fellner ist auch und vor allem Journalist. Der wieder und wieder erleben will, wie ihm Blätter „aus der Hand gerissen“ werden. Erlebt er es nicht, schreibt er es herbei.
Wer Karl Vilsecker nach Wolfgang Fellner und dem Erfolg des Rennbahn-Express fragt, der oder die hört vielleicht die Schlüsselszene vom reißenden Absatz am Würstelstand. Ganz sicher aber hört er oder sie, dass Wolfgang „der Journalismus im Blut gelegen“ ist, er schon als Teen „wahnsinnig gute Glossen“ geschrieben hat. „Im Feuer der Kritik“ hießen die ersten schon recht reißerisch. Ohne falsche Bescheidenheit stets „die Glosse der Woche“.
Die Brillanz von Fellners frühen Kommentaren erschließt sich 40 Jahre später nicht recht. „Es gehört zum Fußball, dass gerade bei ihm Szenen blitzschnell wechseln“, war wahrscheinlich nicht sein bester erster Satz. Vermutlich seine ebenso wenig beste Conclusio zog er zur Verteidigung von Schiedsrichtern: „Momentan jedoch sollten wir froh sein, dass es überhaupt noch Männer gibt, die ihre Freizeit dem ‚Pfeiferl’ widmen. Denken Sie bitte beim nächsten ‚falschen Pfiff’ daran!!!!!!!!!!!“
Sie hielten die Rufzeichendichte von „tv-media“ unter Wolfgang Fellner für das herausragendste Beispiel von typografischer Dauer-Erektion dieses Medienmachers? Weit gefehlt: Verglichen mit den elf Brüllsignalen am Ende der Schiedsrichterglosse von 1969, damals kein Einzelfall, hat Fellner diese Neigung ziemlich gut in den Griff bekommen. Mancher verkennt später Fellners Disziplin: „Wir haben alle Rufzeichen von den Tastaturen entfernt“, ulkt Herausgeber Christian Ortner 1998 über Wolfgang Fellners Lieblingssatzzeichen, als er mit ihm dessen erstes Nachrichtenmagazin startet.
Das Wetter zählt nicht erst bei Österreich zu seinen Lieblingsaufmachern: Rennbahn-Express Nummer 13 von 1969 titelt mit „Schnee und Wind“. Samt Straßenbefragung zum Thema „weiße Pracht“, ein Vorbote von Fellners Umfragefaible. Dann wieder Weltchronik auf Seite 1: ein italienischer Flugzeugentführer aus Heimweh, wieder mit Befragung, versteht sich. Gleich zwei Wochen lang machen die Jungverleger in diesem Herbst 1969 eine Weltraummission zum Coverthema ihrer Schülerzeitung. „Drei Tage vor dem Mondstart von Apollo 12 hat die seit langem in der Nato schwellende Krise einen neuen spektakulären Höhepunkt erreicht.“ Früh übt sich, wer die Welt und ihren Lauf stets schon im Vorhinein beschreiben will. Das Schülerblatt erklärt, wo die Raumkapsel auf dem Mond landen wird. Der Rennbahn-Express weiß, der Start sei nun „nicht mehr ganz sicher“. Zwischen Unmengen Sport und Schulthemen („1, 2, 3 jetzt streiken wir“ zum Lehrerausstand 1969) überrascht der Rennbahn-Express aber auch früh mit Politik auf Seite 1: „Brandt – Kanzler“, lautet die Titelstory am 23. Oktober 1969, zwei Tage nach dessen Wahl zum deutschen Regierungschef.
Immer wieder widmet sich der Rennbahn-Express weltläufigeren, ernsten, geradezu aufklärerischen Themen. Anfang 1970 beginnt Wolfgang eine Serie über die Krisenregion Biafra. Natürlich entsprechend aufbereitet: „BIAFRA: Heute sterben wieder 100!“, steht auf dem Cover zwischen Exklusivinterview mit dem Fußballbundestrainer und Preisrätsel. Damals wie heute erklärt Wolfgang die Welt: „Biafra!, das liest man in dieser Woche auf sämtlichen Titelseiten der Weltpresse in Riesenlettern. DOCH WER WEISS WIRKLICH, WIE ES ZU JENEM KRIEG KAM, DER NUN KURZ VOR SEINEM ENDE STEHT????!!“ Wer wohl: „FÜR ALLE JENE, DIE BEIM TAGESGESPRÄCH NUMMER 1 MITREDEN WOLLEN, SCHRIEB WOLFGANG FELLNER DIESE SERIE, DIE IHNEN NEBEN DER HEUTIGEN LAGE AUCH DIE GEOGRAPHISCHEN UND HISTORISCHEN VERHÄLTNISSE DIESES KRISENHERDES NÄHERBRINGEN SOLL!!!“
Bald findet er zu seiner Titel-Masche: Er weiß, wie’s läuft und laufen wird. Also erklärt der Rennbahn-Express: „Warum Jeff Carter im Weißen Haus einziehen will!“ Doch selbst ein Fellner kann nicht immer treffen. „Es gibt gar keinen Zweifel mehr“, begann im Oktober 1977 eine große Story: „Spätestens 1982 wird es in Österreich keine herkömmlichen Gymnasien mehr geben, die Unterstufe wird als ‚integrierte Gesamtschule’ geführt werden.“ Darüber streitet die Politik noch in den 2000er-Jahren.
Mit der Schule gelingt Wolfgang aber sein erster wirklich großer Wurf im Journalismus. „Nicht genügend“ nennt er seine „Exklusivserie“ ab 6. November 1969. Der Rennbahn-Express benotet Schulfächer an den drei Salzburger Mittelschulen: „Ob und inwieweit die einzelnen Fächer noch in unsere moderne, technische Computer-Zeit passen.“ Ob sie „Lebensvorbereitung“ bieten. Ob Salzburger Lehrer sie adäquat vortragen. Mit – anonymen – O‑Tönen von Professoren und Schülern. Lebensvorbereitung auch im Sinne von Jungverlegern: Folge 1 zum Deutschunterricht kritisiert „äußerst mäßige Lesebücher“, vermisst „Erfordernisse einer modernen Sprache“: „Darunter würden wir das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften verstehen.“ Und: Neue Mitarbeiter des Rennbahn-Express könnten „oft nicht einmal ‚Interesse’ schreiben“. Mögen sich die Deutschlehrer dieses Magazin zum Vorbild nehmen: „Nach zirka einem halben Jahr Praxis zählen unsere Leute schon zu den stärksten der Klasse und haben zu einem großen Teil bereits ein ‚Sehr gut’.“ Die Note erteilt sich der Autor als Erstes selbst – schon die Einleitung zu Folge 1 trägt den Titel: „Sehr gut für Nicht genügend.“
Sehr gut steigert die Serie vor allem die Aufmerksamkeit für den Rennbahn-Express – und seinen Ruf als kritisches Blatt. Die Schulobrigkeit reagiert so reflexartig wie absehbar. „Als am letzten Freitag in mehreren Salzburger Mittelschulen der Rennbahn-Express verkauft wurde, mussten unsere Mitarbeiter feststellen, dass der Verkauf enorm anstieg.“ Klingt nach Fellner, diesen Aufmacher zeichnete aber Vilsecker. Das erkennt man bald, wenn der Autor gleich nach erster Euphorie kleinlaut wird, sich für „unseren ‚naiven’ Verstand“ entschuldigt: „Man möge uns verzeihen, dass wir noch sehr wenig Fachkenntnisse besitzen“. Und: „Wir werden uns hüten, einen bestimmten Professor zu kritisieren.“
Auf Seite 2 wütet Wolfgang Fellner: „So zähmt man Revoluzzer!!“ Die Serie erfreue sich seit Beginn „sehr großer Beliebtheit“, Österreich sei Kritik nicht gewohnt, Schülern werde „sogar freie Meinungsäußerung verboten“. Denn: In einer Salzburger Schule müsse die Serie „vor dem Abdruck noch zur ‚ZENSUR’ durch einen Professor des jeweiligen Fachs. WIR SEHEN UNS DAHER AUSSERSTANDE, IHNEN WEITERHIN NOCH ‚SCHÄRFERE KRITIK’ IN DER SCHULSERIE ZU PRÄSENTIEREN.“ Ab sofort müsse sie mit weißen Flecken erscheinen. Könne das Blatt seine Meinung nicht mehr frei äußern und gar Fächern ein „Nicht genügend“ attestieren, müsse es gar die Serie abbrechen. „DAS WÄRE DANN SEHR BEDAUERLICH FÜR UNSERE MITTELSCHULEN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“
Die so unterschiedlichen Töne zwischen Vilsecker auf Seite 1 und Fellner auf Seite 2 derselben Ausgabe zeigen klar, wohin die Reise geht. Vilsecker „wollte nicht Gott und die Welt gegen mich“. Vilsecker, eigentlich aus Gastein, wohnt bei seiner Schwester in der Rennbahnsiedlung, besucht in Salzburg das Gymnasium. Er ist nicht der beste Schüler und hält disziplinärem Ärger mit den Professoren deutlich schlechter stand als Wolfgang Fellner, dem er offenbar den streitbaren Vater von der Uni neidet, der seinen Söhnen den Rücken stärkt. Außerdem steht Vilsecker und nicht Wolfgang als „Verleger, Eigentümer und Chefredakteur“ im Impressum, seit die Jugendlichen den Rennbahn-Express am 18. September 1969 nach Paragraph 19 des Pressegesetzes polizeilich gemeldet haben. Vilseckers Schwester scheint dort, weil schon volljährig, als „Herausgeber, Drucker“ und vor allem „verantwortlich für den Inhalt“ auf. Warum sollte die eher bürgerliche Familie für den roten „Revoluzzer“ geradestehen? Als „Prellbock“ fühlt sich Vilsecker. Wenn jemand in der Schule als „unverschämt frech“ gilt, dann er. Vilsecker riskierte den „Schulverweis“, sagt er.
Die Fellners wechseln die Schule und verlassen 1970 die Redaktion im Streit. Vilsecker führt den Rennbahn-Express weiter. „Auch beim R‑E gibt’s eine Polarisierung – und einen Krach“, schreibt Wolfgang Jahre später über die Spaltung: „Der aufmüpfige Teil der R‑E-Redakteure will sich nicht länger zensurieren lassen. Der ‚brave Flügel’ gibt den R‑E alleine heraus – und wird paradoxerweise drei Monate drauf wegen eines nicht linientreuen Artikels verboten.“ Und: „Die im Streit geschiedenen R‑E-Redakteure bringen darauf an den anderen Schulen ihren eigenen R‑E heraus.“
Vilsecker hat die Rechte an dem Zeitschriftentitel, als dessen Eigentümer er ja aufschien, und seine Schwester als Herausgeber, nie zurückgegeben, sagt er 2009. Er hat sie auch nie eingeklagt oder für sich reklamiert. Wie konnte dann am 22. Oktober 1970 so mir nichts, dir nichts Wolfgang Fellner als „Redaktionelle Leitung, Verleger, Eigentümer“ im Impressum stehen? „Der Papa hat das erledigt“, will Vilsecker damals von den Brüdern Fellner gehört haben. Vilsecker hatte den Rennbahn-Express da schon aufgegeben. Die Fellners geben nun erst richtig Gas.
Der Papa wird’s schon richten
(Fritz Fellner, der Vater von Wolfgang und Helmuth Fellner, ist am 23. August 2012 gestorben. Meine Wolfgang-Fellner-Bio erschien 2009.)
In Sachen Nylonstrumpfhose hat Fritz Fellner hunderte Studentinnen über die Jahre „amüsiert“ und oft „verblüfft“, durchaus auch ihre männlichen Kollegen. Beharrlich betonte der Professor für neuere Geschichte an der Universität Salzburg die historische Bedeutung von vermeintlichen Alltagsereignissen wie der Markteinführung des Damenbeinkleids, schrieben Historikerkollegen in einer Würdigung. Friedrich Karl Paul Fellner, genannt Fritz, wurde am 25. Dezember 1922 geboren als Sohn und Enkel niederösterreichischer Bäckermeister. Er begann 1940, an der Uni Wien Geschichte, Germanistik und Anglistik zu studieren. Sein Lebenslauf vermerkt Kriegsgefangenschaft von 1941 bis 1946, 1948 schließt er sein Doktoratsstudium ab. 1950 heiratet er Lieselotte Lamberg, die 1954 Wolfgang und 1956 Helmuth zur Welt bringt. Ebenfalls ab 1950 arbeitet Fritz Fellner am Wiener Institut für neuere Geschichte mit, Stipendium für Studien in Rom, Institute of European Studies, ab 1960 doziert er an der Geschichte der Neuzeit in Wien.
Fritz Fellner zieht es in die modernen USA. Ein Jahr Gastprofessur an der Universität von Austin, Texas, beschert dem kaum eingeschulten Wolfgang mit seinen sechs Jahren schon die erste Auszeit in Übersee. „Sabbatical“ werden die Brüder ihre ausgiebigen Studien- und Spionageaufenthalte in den USA später nennen.
1963 holt die Uni des konservativen Salzburg den Sozialdemokraten Fritz Fellner als Professor. Seine Frau Lieselotte übernimmt dort die Leitung der Bibliothek des Publizistikinstituts. Fellner „zählt zu den Gründungsvätern der Universität“, würdigen ihn seine Salzburger Historikerkollegen Brigitte Mazohl-Wallnig und Reinhold Wagnleitner 2002 zu seinem Achtziger. „Ihm kommt das Verdienst zu, in den 1960er-Jahren das Institut für Geschichte als modernes, international renommiertes geschichtswissenschaftliches Institut aufgebaut, geleitet und für die Zukunft maßgeblich geprägt zu haben.“
„Fellner verstand den geschichtlichen Stellenwert der Mode, lange bevor das Thema in der akademischen Welt selbst zur Mode wurde.“ Das schreiben Solomon Wank von der Uni Lancaster in Pennsylvania und Heidrun Maschl sowie Mazohl-Wallnig und Wagnleitner von der Uni Salzburg in einem Essayband zu Ehren ihres Kollegen. Sie verweisen auf Fellners wissenschaftliches Faible für Nylonstrumpfhosen wie für die Digitaluhr, auf deren Anzeige die Zeit sich nicht wiederhole, sondern quasi stets weiterlaufe. Die akademischen Kollegen illustrieren damit „seine Faszination für die materielle Basis historischer Entwicklungen“. Diese führten Fellner zu grundlegenden Reflexionen über ihren Einfluss auf das Denken und Handeln der Menschen. Nicht immer wirkt sein Handeln auf Außenstehende sehr bedacht: Am 12. Februar 1976 widmet der Österreich-Teil des Stern dem Salzburger Professor einen ausführlichen Artikel. Titel: „26 Fünfer vom strengen Fast-Minister.“ Tenor: Fritz Fellner, einer der von SPÖ-Chef Bruno Kreisky eingeladenen Reformexperten, habe sich nach Kreiskys Wahlsieg „1971 bereits als sozialistischer Wissenschaftsminister gewähnt“. Der Stern vermutet: „Die Enttäuschung machte aus dem Fürsprecher einen Gegner der Reform.“ Also diskreditiere er das neue Universitätsorganisationsgesetz, indem er die neuen Anmeldelisten für Seminare todernst nehme. Jedem Studenten, der sich bei ihm einschreibt, aber keine Prüfung ablegt, droht er mit „Nicht genügend“. Der Stern behauptet, der Professor werde deshalb 1976 „von vielen nicht mehr für voll genommen“, und zitiert den Salzburger Uni-Rektor: „Das hat er sicher nicht ernst gemeint.“ Laut Magazin erwog die Hochschülerschaft eine Aufsichtsbeschwerde bei der Unterrichtsministerin.
Der Stern erzählt auch gleich von Fellners Clinch mit der damaligen roten Wissenschaftsministerin: Herta Firnberg kritisierte 1975 das „Leibeigenschaftsverhältnis“ der Assistenten zu ihren Professoren. Fellner verwahrte sich in einem offenen Brief an die Ministerin gegen ihre „Pauschalverdächtigungen“. Firnberg revanchierte sich bei Fellner mit einem Hinweis auf seinen Umgang mit dem Personal: Der Professor habe „seinen ehemaligen Assistenten Hanns Haas vor einigen Jahren grundlos des Diebstahls einer Geldkassette beschuldigt. Als sich der Verdacht als nicht haltbar erwies, verbannte Fellner den Assistenten in den Keller des Instituts.“ Studienkollegen im Stern: „Der Professor wollte ihn einfach nicht mehr sehen.“
Höflich formulieren Studenten Fellners, wenn sie sich daran erinnern, nicht alle hätten diesen Professor nur geliebt. Manchen schien, aber das klingt nach Küchenpsychologie, als suche er, seine Körpergröße zu kompensieren. Und sie wollen eine besondere Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit, besonderes Aufstiegs- und Erfolgsbewusstsein bemerkt haben. Ein Kollege von der Uni Salzburg beschreibt Professor Fellner als „streitbaren, sehr selbstbewussten, um nicht zu sagen: selbstverliebten Menschen“. Auch wenn das nicht sonderlich nach Sympathie klingt: Jährliche Treffen von Studenten mit Fellner über Jahrzehnte, auch noch in dessen Pension, zeugen dagegen von nachhaltiger Wertschätzung.
Kaum ein gründliches Porträt von Wolfgang Fellner kommt ohne Hinweis auf seine Wutausbrüche, Beleidigungen von Mitarbeitern aus. Häferl nennt man Menschen wie Wolfgang in Wien, wohl weil sie leicht überkochen. Ist eine cholerische Ader vererbbar oder eine Frage der Sozialisierung? „Sein Vater hat mir einmal gesagt, das kommt von der Mutterseite, in den Tiefen der Familiengeschichte“, schmunzelt Werner Schima, der Wolfgang Fellner ein Vierteljahrhundert als Mitchefredakteur und ‑herausgeber beobachtet.
Kämpferisch „GEGEN“ kürzt sich jene Gesellschaft für Geschichte der Neuzeit ab, die Fritz Fellner 1981 gegründet hat. Wagnleitner, Professorenkollege an der Uni Salzburg, leitet die Gesellschaft seit 2000. Beim Würdigen Fritz Fellners vergisst Wagnleitner nicht dessen „scharfe Feder“, die er als „manchmal auch unbequemer Kritiker“ spitze, „um gegen all das anzuschreiben, was ihm an den historiografischen Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit nicht gefällt“.
Hat Wolfgang Fellner seinen Vater als streitbar erlebt? „Überhaupt nicht. Er war eher links engagiert, und damit warst du damals immer irgendwie streitbar. Anti-Bundesheer-Volksbegehren, die Nenning-Gruppe. Aber kein wirklich Linker, eine Art Linksliberaler.“
„Die individuelle Streitbarkeit des Gelehrten“ attestiert ihm ein Wissenschafterkollege, der erst in den vergangenen 10, 15 Jahren unmittelbar mit ihm zu tun hatte. Er habe ihn aber „nicht ein Mal provokant erlebt“ im wissenschaftlichen Beirat der Wilfried-Haslauer-Stiftung. Dort hatte der Linksliberale auch nichts gegen ein großes Forschungsprojekt über die „Ära Schüssel“.
Karl Vilsecker kann seit Jahrzehnten nicht mit Fritz Fellner, spätestens seit Wolfgangs Auftritt in Mondsee auch nicht mit seinem Sohn. Entsprechend deftig formuliert er über den Vater seiner frühen Kompagnons. Von einem cholerischen „Giftzwerg“ spricht er. Seine Kinder habe Fritz wie „Halbgötter“ dargestellt, Vilsecker fühlte sich immer als „Buhmann“.
Mit Fritzens Frau Lieselotte, geboren am 24. Oktober 1925, hat Vilsecker noch immer Kontakt, wenn sie zwei, drei, viermal im Jahr nach Salzburg kommt mit ihrem Audi. Auch sie ist sehr stolz auf ihre Söhne, aber der schützende, besonnene, ruhige Part in der Familie, der Puffer zum wilden Vater, findet Vilsecker.
Ihre Mutter, Herr Fellner? „War Bibliothekarin. Sehr bemüht, sehr gebildet, sehr kreativ, musikalisch.“ Apropos: Wolfgang genoss „ein bisschen“ Klavierunterricht, für einen kleinen Amadeus reichte es in dieser Disziplin nicht. Bruder Helmuth lernte Geige.
Es gibt langjährige Fellner-Kenner, die wollen in Wolfgang vor allem den aufbrausenden Vater erkennen, in Helmuth die Mutter, umgänglicher, ruhiger. Ebenso erklären Bekannte, Helmuth sei kälter, berechnender; Wolfgang ungemein emotional, aber mit Handschlagqualität. Alles professionelle Rollenspiele, Good Cop, Bad Cop, sagt Paul Vécsei, ihr erster Rennbahn-Express-Redakteur in Wien. „Eindeutig“, bestätigt Schima das Rollenspiel. „Helmuth ist in der Sache härter als der Wolfgang. Aber im Umgangston viel verbindlicher und entspannter.“
Wie sah Wolfgang 2009 seinen Vater Fritz Fellner? „Ich habe einen genialen Vater, der an und für sich ein geborener Journalist ist und der nur aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten Universitätsprofessor geworden ist. Wäre der zu meiner Zeit geboren worden, wäre er sicher Journalist geworden.“ Hätte Fritz Fellner das gewollt? „Er sagt nein, aber ich glaube, im Endeffekt schon. Auf jeden Fall wäre er ein exzellenter Journalist gewesen, er hat ja auch öfter für die ‚Presse’ geschrieben.”
Fritz Fellner war „ein großer Freund“ der Tageszeitung mit dem großen Horizont und vieler ihrer Macher, sagt Wolfgang Fellner. „Mein Vater hat mich mit acht oder neun Jahren in die Redaktion gebracht, damals noch im Pressehaus in der Wiener Muthgasse, weil ich so ein Zeitungsfanatiker war. Um mir ‚Die Presse’ zu zeigen und mich sozusagen als Art ‚little Amadeus’ den Redakteuren vorzustellen. Das war eine relative Gaude, weil ich schon vieles wusste, zum Beispiel: Das ist ein Fernschreiber, da tickern die Agenturmeldungen heraus.“ Was verdankt Wolfgang seinem Vater? „Ohne den wäre ich sicher nicht so medienaffin. Ich habe, kein Witz, als Sechsjähriger auf der Toilette schon Die Presse gelesen. Nicht nur auf der Toilette, selbstverständlich.“ Noch heute türmen sich auf Fellners Klo Blätter, die Putzfrauen keineswegs entsorgen dürfen. Nicht nur zum gierigen Zeitungskonsum brachte der Vater den Sohn, erinnert sich Vécsei: Fritz Fellner habe seinen Söhnen Kontakte zur SPÖ vermittelt, nicht zuletzt zu Bruno Kreisky.
Hat der Vater seinem Sohn beim Rennbahn-Express geholfen, Herr Fellner? „Mit der Abziehmaschine, ansonsten nichts, null. Und die haben wir genau bezahlt, mein Vater war immer unglaublich korrekt.“ Fritz Fellner, erinnert sich ein Professorenkollege, hat den ohnehin „sehr guten Schülern“ Wolfgang und Helmuth „den Rücken freigehalten“ oder das zumindest versucht, wenn Wolfgang die Mittelschulen und ihre Lehrer angriff.
Über den Sommer 1970 hat Vater Fellner eine presserechtliche Notwendigkeit erledigt: Zeitungen und Zeitschriften brauchten damals einen „verantwortlichen Redakteur“, und der musste großjährig sein. Sein Freund und Professorenkollege von der Salzburger Publizistik, Gunther Kieslich, leiht den Buben dafür zunächst seine Assistentin, Imma Higgs. Nach wenigen Wochen übernimmt ein anderer Assistent des Publizistikinstituts die Verantwortung nach dem Presserecht: Hans Heinz Fabris, später Vorstand der Kommunikationswissenschaften in Salzburg.
Fabris hat 2000 den Verein „Initiative Qualität im Journalismus“, kurz IQ, mitbegründet. 2001 gab er das Buch „Qualität als Gewinn. Salzburger Beiträge zur Qualitätsforschung im Journalismus“ heraus. Wie passt das zusammen? Initiative für Qualitätsjournalismus und Geburtshelfer jenes Medienphänomens, das immer wieder journalistische Standards unterboten hat und unterbietet? „,Bravo’ war auch nicht gerade der Hort des Qualitätsjournalismus“, sagt Fabris und verweist auf mehr Vielfalt. Wie heute, dreieinhalb Jahrzehnte später: Bei aller wohl berechtigten Kritik an Österreich sei es „demokratiepolitisch erfreulich, dass es eine zweite Zeitung im ÖsterreichKrone’-Segment mit unterschiedlichen Positionen zum Dichand-Blatt gibt“. Der damals „verantwortliche Redakteur“ des Rennbahn-Express bewundert auch heute noch die unternehmerischen Fähigkeiten seiner damaligen Schützlinge. Wie diese „Austro-Tycoons“ seither die österreichische Magazinbranche „aufgemischt“ haben. Eine Branche, die „in den publizistisch bleiernen 1960er-Jahren“ noch reine „deutsche Medienkolonie“ war, mit ein paar Österreich-Seiten in „Bunte“, Stern & Co. Fabris: „Sie haben bei all ihren Produkten im Wesentlichen ihre frühere Erfolgs-Masche durchgezogen.“
Zugleich „bedauert“ der Kommunikationswissenschafter mit dem ausgeprägten Qualitätssinn, dass die Brüder Fellner „oft journalistische Spielregeln verletzt haben“. Fabris sieht auch viele, die nicht mit Wolfgangs aberwitzigem Tempo und seinen lauten, sehr direkten Umgangsformen wollten oder konnten. „Viele junge Leute haben die Fellnersche Maschinerie nicht ausgehalten.“
Wolfgangs Vater bedauerte jedenfalls, dass sein älterer Sohn das Studium an der Wiener Publizistik nicht zu Ende brachte. Mehr als 300 Seiten umfasst „Die Bedeutung des technischen Fortschritts des Nachrichtenwesens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, Wolfgangs nie eingereichte Dissertation aus den 1980er-Jahren. Er vollzog den technischen Fortschritt des Nachrichtenwesens lieber selbst. Von Durchschlagpapier und Wachsmatrize beim Rennbahn-Express über Offsetdruck und Apple-Layout bis zum sogenannten Heatsetdruck für tagesaktuelle Hochglanzteile und zum Bewegtbild im
Internet. Fritz Fellner hat selbst oft auf das Computerzeitalter und seine Bedeutung verwiesen. Jenes Computerzeitalter, das sein Sohn schon im ersten Teil seiner Schulserie im Unterricht so eindringlich vermisst.
Fritz Fellner ist immer wieder präsent beim rasanten Fortschritt seiner Söhne durch die jüngere Mediengeschichte. Einzelne News-Gründungsredakteure wollen den „kleinen Mann mit Staubmantel und Hut“ und seine Frau auf Besuch in der Redaktion erlebt haben, einzelne Storys habe er gegengelesen. Andere wieder bestreiten vehement, der Vater wäre je im Galaxy-Haus aufgetaucht.
Fritz Fellner spielt eine Rolle, als Wolfgang und seine Mitstreiter 1998 den Werbekunden in den historischen Sälen der Österreichischen Nationalbibliothek vorweg „Format“ präsentieren, als Blatt von Qualität. Da verweisen sie stolz auf ein Pult, an dem schon Historiker Fellner in diesen Hallen geforscht und seine Habilitation geschrieben habe. Sie führen die (potenziellen) Kunden in den Augustiner Lesesaal, verweisen auf die Inschrift an der Wand: „Scrutamini Scripturas“. Prüfen Sie die Schrift, übersetzt die Fellner-Gang den Werbern und meint das neue Montagsmagazin der Medienbrüder. An der Wand steht eigentlich „Scriptamini Scripturas“, offenbar ein Schreibfehler bei einer Restaurierung. Ihr Original empfahl das Studium, die „Erforschung der Heiligen Schrift“. Die Fellners widmen sie ihrer eiligen Schrift.
Andererseits erzählen mehrere Österreich-Journalisten von einer auffallenden Abneigung Fellners gegen historische Themen. Vielleicht schon wieder Küchenpsychologie. Vielleicht liege die Abneigung auch nur in seiner „extrem historischen“ Dissertation begründet, die er doch nie einreichte, vermutet ein anderer. Oder vielleicht findet der Mann einfach nur geschichtsträchtige Jahrestage langweilig, wenn sie nicht das erste Jahr oder die tausendste Ausgabe des eigenen Produkts feiern.
Fritz Fellner und auch seine Frau Lieselotte liehen Familienstiftungen der Söhne ihre Namen; gespeist aus Erträgen und Verkaufserlösen der Magazinprojekte von Rennbahn-Express bis Woman. Aus deren Vermögen schießt die Fritz-Fellner-Privatstiftung ab 2006 dem Zeitungsprojekt seines älteren Sohnes mehrfach Millionen nach.
Vielleicht liegt es auch an Fritz Fellner und seinem Faible für den Journalismus der Presse, dass Wolfgang Fellner seine Produkte spätestens seit News stets als Qualitätstitel ankündigt und vermarktet oder das zumindest versucht, wie bei Österreich. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich in seiner hohen Intellektualität mit dieser Zeitung inhaltlich identifiziert“, sagt der Wissenschafterkollege, der regelmäßig mit dem späten Fritz Fellner zu tun hat. Zugleich ist er überzeugt, „ihn freut der Erfolg seiner Söhne wirklich“. Ein Salzburger Wissenschafter ist ebenfalls sicher, dass der Vater auf den wirtschaftlichen und publizistischen Erfolg der Brüder stolz ist.
Der Senior hat nicht unwesentlich zu diesem Erfolg beigetragen.
Der Fellner-Express
Am 22. Oktober 1970 landet der Rennbahn-Express nach einer Art Quantensprung wieder an Salzburgs Schulen. Mick Jagger füllt das komplette Cover der Schülerzeitung, die da schon stark nach Jugendmagazin riecht. Vor dem Sommer noch hatte das Maskottchen der Fußballweltmeisterschaft als ungelenke, viel zu kleine Strichzeichnung von Karl Vilseckers Rennbahn-Express gegrinst. Weiß sticht nun aus dem wirkungsvollen Dunkel des Jagger-Fotos das Logo „R‑E“, Noch etwas fransig ausgeschnitten, aber grafisch professionell geformt. Headline: „Mick Jagger exklusiv für R‑E“.
Um die Handschrift zu erkennen, braucht es keinen Blick ins Impressum. Dort steht nun nach den großen Sommerferien plötzlich: „Redaktionelle Leitung, Verleger, Eigentümer: Wolfgang Fellner“. Das merkt man dem Heft nicht nur auf Seite 1 an. Fotoseiten mit flächigen Titeln. Dazwischen noch die alte Schreibmaschinenoptik, aber inhaltlich mindestens so typisch: „Ein R‑E-Exklusivinterview mit ‚The Greatest Pop-Leader on Earth’ Mick Jagger von unserem nach Wien entsandten Jugendredakteur Christian Krackowitz.“ Nach Wien entsandt, das klingt heute vielleicht ein bisschen albern. Für eine Salzburger Schülerzeitung aber offenkundig mindestens so bedeutsam wie heute für Fellner, Reporter so rasch wie möglich an Krisenherden und Brennpunkten zu haben – auch wenn Präsenz manchmal mehr zu zählen scheint als die Inhalte, die sie aus der weiten Welt liefern.
Die weite Welt hat Wolfgang weiter im Blatt. Gleich nach Jagger titelt er dramatisch mit zwei bewaffneten Kämpfern auf einem Panzer: „R‑Report El Thaura“, die ägyptische Revolution. Natürlich eine „Exklusivserie“ wie zuletzt jene über Biafra, die „bei allen Leserschichten großen Anklang fand und sogar als Dissertationsgrundlage verwendet wurde“. Wolfgang Fellner habe „wieder ein heißes Eisen angefasst“. „So steht es in keinem Lehrbuch, so sagt es Euch auch kein Geographie- oder Geschichtsprofessor, ein Schüler schreibt für Schüler.“ Wie aus dem Lehrbuch für redaktionelles Marketing. Fellner deckt offensiv politische, internationale Themen ab – eben auf seine breitenwirksame Art. Bemerkenswert offen beschreibt das Editorial 1971 Wolfgangs Streben nach Verdaulichkeit: Die Titelstory über politische Bildung „gibt dieser R‑E Ausgabe vielleicht einen intellektuellen Anstrich“. Doch „genau das wollen wir im Sinne eines Großteils unserer Leser vermeiden“. Der zweite Schwerpunkt des Hefts möge die Anstrengung des Publikums ausgleichen: Vorabdruck einiger Songtexte der Mad Caps – bevor die österreichische Band die Platte aufgenommen hat. Im Blatt zu haben, was erst passieren wird, auch das ist ein Fellner-Fixpunkt.
Wenn ein FPÖ-Abgeordneter für die Headline „Wir müssen entstauben!“ gut ist, macht Fellner sein Interview mit dem Mann über Lehrpläne, Bundesheerreform, Wahlrecht zur Titelstory. 1970 war das noch nicht Wolfgangs publizistischer Lebensmensch Jörg Haider, sondern Gustav Zeilinger. Aber ebenso beständig wie später dem Phänomen Haider widmet sich Wolfgang Fellner schon ab dem Rennbahn-Express den Umtrieben von Neonazis.
Wolfgang spürt, welche Themen ziehen und wie man sie dafür aufbereitet. „Rauschgiftszene in Salzburg“ titelt er, ein langhaariger Jugendlicher setzt sich auf dem Cover die Spritze in die linke Armbeuge, dazu ein Totenkopf am unteren Bildrand. Dass die Schlagzeile „Interview mit Rudi Klausnitzer“, dem damaligen Starmoderator des innovativen ORF-Popradios Ö3, just über dem Schädel zu stehen kommt, hat vermutlich keinen ursächlichen Zusammenhang. Klausnitzer wird in den 2000er-Jahren Chef der Verlagsgruppe News.
Wolfgang hat „eine Begabung“, sagt Vécsei: Blitzschnell und ständig konzipiert er Seiten, weiß, „wie man eine Geschichte aufbaut, wie man sie portioniert. Wie man komplexe Themen vereinfacht, bildlich darstellt, das hat er im Kopf.“ Von Rennbahn-Express bis Österreich: Ein Blick, und Wolfgang sieht Fehler im Layout, sagt ein Gründungsmitglied seiner Zeitung. Fellners depressives Schwarz als Schlagzeilenhintergrund von Österreich, weil nur das „Kraft hat“, dürfte eine Infektion an der deutschen „Bild“ sein. Nobody’s perfect. Rauschgift in Salzburg ist ein Prototyp für Fellner-Dramaturgie: Sechs Seiten mit Interviews, ein Kriminalinspektor, der Leiter der Salzburger Landesnervenklinik, drastische Fotos von Drogen- und Alkoholopfern, Drogenbesteck; Kolumnen zweier Professoren über „Rauschgift-Aufklärung in der Schule“ bis hin zu jenen praxisnahen Infos, die Wolfgang Fellner sein Journalistenleben lang von seinen Schreibern einfordert: Was kostet ein „Haschischtrip“ (25 Schilling), was eine „mehr oder minder lange LSD-Reise“ (150 bis 500 Schilling)? Bezugsquellen hätten den bei Fellner so beliebten Servicecharakter noch stärker betont, fehlen aber in dem üppigen Schwerpunkt zum Thema. Shopping-Tipps für Dope & Co hätten ihm bestimmt auch noch mehr Publicity gebracht als seine Schulserien. Im Gegenteil: Der Drogenreport habe gar zwei 13-Jährige „vor dem Rauschgift gerettet“, steht im nächsten Heft.
Prototypisch: Möglichst viele tatsächliche oder vermeintliche Experten, bekannte Namen und Betroffene kommentieren ein Thema. Dazu möglichst authentische Perspektive, möglichst jene des Opfers. Sozialreportagen protokollieren im Rennbahn-Express ausführlich unter Anführungszeichen, was Lehrlinge, Gastarbeiter und Bewohner von Schülerheimen sagen.
Tagebücher, Protokolle: Beim frühen Rennbahn-Express reicht für diese Perspektive noch ein minutiöser Bericht vom dörflichen Triumphzug der Skirennfahrerin Annemarie Moser-Pröll. Bei News verspricht das Cover gar das „Tagebuch“ eines über Tage verschütteten Bergmanns. Wie soll der in der Dunkelheit schreiben? Wurscht. Moch’ ma.
Homestorys, auch ein Klassiker: „So wohnen unsere Popstars“, titelt Wolfgang 1977. Schon damals: „Bisher unveröffentlichte Fotos!“ Die Gründlichkeit der Recherche kippt ins Absurde: „Erstmals genaue Wohnungspläne!“, steht auf Seite 1 des Rennbahn-Express.
Aber auch Doppelseiten, die etwas ernsthafter hinter Kulissen blicken wollen: Wem gehört von Atrium (heute Ost-Klub) bis Tangente welche Disco? Geschätzte Monatsumsätze bringt er ebenso wie markige Zitate von Lokalmanagern: „Ein Rudel Neger lassen wir da net hinein.“ Ebenso Coverstory: „Tricks der Pop-Manager“.
Die Schüler- und Jugendzeitschrift überrascht auch mit Kultur: „Als erste deutschsprachige Zeitung veröffentlicht der R‑E Auszüge aus dem neuesten Buch von Alexander Solschenizyn“, verspricht das Jugendblatt Texte des russischen Schriftstellers und Dissidenten. Der Rennbahn-Express bringt nicht nur Texte von Austropopsongs wie Wolfgang Ambros’ „Hofer“, sondern ebenso Gedichte. Den Vorabdruck von Peter Handkes Roman „Die linkshändige Frau“ kündigt Fellner oben auf einem Cover an, noch über den Headlines mit Bruno Kreisky, David Bowie und André Heller. „Schlüsselstellen“ des Buchs vorab zum Mitreden: Die wird er noch in vielen Blättern und Jahrzehnten aus Bestsellern und Aufregerbüchern abdrucken, echten oder vermeintlichen.
Wie Hauptkonkurrent Bravo heftet der Rennbahn-Express Poster von Popstars bei, gerne von Austropoppern wie Waterloo & Robinson, die, wie passend, sangen: „Das ist meine kleine Welt.“ So klein ist die Welt von Wolfgang Fellner aber schon damals nicht. Im Herbst 1976 etwa kündigt er den Nachdruck einer Grafik des österreichischen Brachialbildhauers Alfred Hrdlicka auf dem Cover an – auf der Rückseite des Posters der Popgruppe Sailor.
Wolfgangs populäre Mischung aus Politik und Pop, Schule, Kultur und Sport wirkt, nicht nur in der Altersgruppe. 1975 erhält die Redaktion des Rennbahn-Express zwar nicht den Karl-Renner-Publizistikpreis, aber den bei der Gelegenheit vergebenen Förderpreis des roten Geldinstituts. Ein gewisser Walter Flöttl überreicht die Auszeichnung dem noch langhaarigen Wolfgang Fellner. Schon damals ist Flöttl Chef der roten Gewerkschaftsbank für Arbeit und Wirtschaft. Die BAWAG zählt schon in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts zu den eifrigsten Inserenten des Rennbahn-Express, die oft aus der roten Reichshälfte kommen. Spätestens ab 1995 dürfte Flöttl den Förderpreis und andere Zuwendungen bereut haben: News deckt Flöttls hunderte Millionen schwere Karibikspekulationen auf. Den zentralen Angelpunkt des BAWAG-Skandals, der die Bank, die Gewerkschaft und die Gerichte noch bis Österreich beschäftigen wird. Wenn Wolfgang Fellner eine richtig große Story riecht, nimmt er keine Rücksicht auf wirtschaftliche Interessen, sagen News-Leute. Ein Wirtschaftsjournalist der Wochenillustrierten benennt die Formel: „Anpinkeln nein. Blattschuss ja.“
22. Oktober 1970, die erste reine Fellner-Ausgabe des Rennbahn-Express. Auch nach der Übernahme verspricht er „jede Woche: eine Extra-Seite unserer Schulredaktion, die ja bereits durch ihre Serie ‚Nicht genügend’ viel Aufsehen erregt hat“. Nur zeitlich ein bisschen übertrieben: Die Schülerzeitung erscheint nun alle 14 Tage, ab März 1971 monatlich. Wirtschaftlich vernünftiger und neben dem Gymnasium wohl auch praktikabler.
Wie kann man „Nicht genügend“ steigern? Genau: „Die Schule ist sitzengeblieben!“, heißt die neue Exklusivserie. Sie entwirft gleich zum Auftakt reportagehaft ein Szenario der Schule 1980, computerisiert, mit personalisiertem Tele-Learning, mit individuellem Lehrstoff, und per du mit dem Lehrpersonal. Per du wie Fellner mit Redaktions- und Verlagspersonal. Per du, wie Wolfgang oft so rasch wie ungefragt.
Aufbruchsstimmung: Sozialdemokrat Bruno Kreisky wird 1971 Bundeskanzler, sein Unterrichtsminister Fred Sinowatz bringt Schuldemokratie, einen Schülerbeirat in seinem Ministerium. Der Rennbahn-Express positioniert sich, passend zu Wolfgangs Naturell, als kritisches Mittelschülermagazin. Zugleich „identifiziert sich Wolfgang klar mit der Sozialdemokratie“, sagt der damalige Wiener Redakteur Paul Vécsei. Der Chefredakteur war „ein totaler Kreisky-Fan“. Die Sozialdemokratie sucht Kontakt zur Jugend. Das trifft sich doch hervorragend.
Mitarbeiter Baumgartner beobachtet später in den 1970ern einen Gleichklang von Inseraten und Artikeln in „der politischen Berichterstattung, wo – adäquat zu den Einschaltungen der Sozialistischen Partei Österreichs – eine progressive, linke Linie zu erkennen ist“. Zählte Baumgartner zu den eindeutigen Parteiinseraten der SPÖ noch staatliche (und damit „sozialistisch dominierte“) sowie „sozialistisch inspirierte“ Anzeigen, erreichte die Sozialdemokratie mit „ungefähr 20 bis 25 Prozent“ in etwa das doppelte Inseratenvolumen der Popbranche im Rennbahn-Express. In den 1980ern analysierte Christine Eberl an der Hochschule für Darstellende Kunst den Rennbahn-Express und fand Stellen wie: „Bei uns in Österreich hat die Regierung Kreisky bisher ein kleines Wunder vollbracht“ über Jugendarbeitslosigkeit. Oder zu Bruno Kreiskys umstrittenem Wiener Mammutprojekt: „Über Großbauten wie das Konferenzzentrum, die 13.000 Menschen Arbeit bieten, sollte – angesichts dieser drohenden Jugendarbeitslosigkeit – nicht lange diskutiert werden.“ Eberl will gar in der Rubrik News eine „Anzeige“ der SPÖ in redaktioneller Aufmachung entdeckt haben.
Kanzler Bruno Kreisky gab der Jugendzeitschrift schon im Sommer 1971 ein erstes großes Interview. Auf seine Art zumindest so viel Marketingprofi wie die jungen Magazinmacher, weiß er die Plattformen Fellners zu nutzen. „Ich bin der Meinung, dass es auch bei uns einen Wehrersatzdienst geben sollte, und ich habe auch diesbezüglich den Jugendorganisationen Zusagen gemacht.“ Fellner wird sich an das Interview in einer Jubelnummer des Rennbahn-Express als „Überraschung“ erinnern: „Die Zeitungen drucken das nach.“ Schon Anfang der 1970er-Jahre verweist Fellners Erstling ständig und stolz im Blatt darauf, welche erwachsenen Medien den Rennbahn-Express womit zitierten, ob Ergebnisse seiner Leserbefragung, Interviews oder Artikel. Auch dies ein Marketinginstrument, lernt Wolfgang zeitig und bombardiert später APA und Zeitungen mit „Vorabmeldungen“ aus seinen Heften, meist „exklusiv“ oder zumindest dazu erklärt. Zur rötlichen Aufbruchsstimmung im Gefolge von 1968 passt Selbstverwaltung. Noch bevor „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein Ende 1974 knapp die Hälfte an seinem Nachrichtenmagazin der „Mitarbeiter KG“ seiner Belegschaft schenkt. Und noch bevor Oscar Bronner 1974 leitende Mitarbeiter am Verlag von „trend“ und „profil“ beteiligt, konstituiert sich am 6. Juli 1973 die „Gesellschaft der Redakteure des Rennbahn-Express“ als Verein und definiert sich mit diesem Tag rechtlich als alleiniger Eigentümer, Verleger und Herausgeber der Fellnerschen Jugendzeitung.
Beim ersten Fellnerblatt endet die Selbstverwaltung auch formal nach dem Sommer 1979: Mit einem Mal steht statt der Gesellschaft der Redakteure die Rennbahn-Express VerlagsgesmbH im Impres-
sum, und die gehört alleine den Fellners. Wie geht das so einfach? Das wollte eines der Vereinsmitglieder noch Jahre später verwundert von einem der befassten Anwälte wissen. „Aus dem Verein wurde später eine GmbH“, sagt Wolfgang Fellner 2009 lapidar. Dabei geholfen hat offenbar ein äußerst gewiefter, äußerst hartnäckiger Advokat namens Ewald Weninger. Ziemlich genau 30 Jahre später erinnert sich Weninger nicht mehr an diesen Vorgang, sagt er, wenn er überhaupt damit befasst war. Derlei wäre „eine Routinearbeit“. Von diesem Rechtsvertreter werden wir noch öfter hören.
Augstein gab die Führung beim „Spiegel“ nicht aus der Hand. Die Fellners bei ihrem formal selbstverwalteten Rennbahn-Express schon gar nicht: Alleine Wolfgang und Helmuth saßen ständig im Vorstand des Vereins. Exmitarbeiter Baumgartner zitiert diverse Mitarbeiter als Zeugen der „enormen Dominanz der beiden Brüder sowohl in redaktioneller als auch in wirtschaftlicher Hinsicht“. Auch im Verein „bestimmen sie die ideologische Richtung und den Arbeitsmodus der Jugendzeitschrift, sodass sie de facto die Eigenschaften des Eigentümers, Verlegers, Herausgebers, Chefredakteurs und Anzeigenleiters allein auf sich vereinen“.
Die Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner vereinen ebenso – siehe SPÖ – kongenial Redaktion, Marketing und Anzeigengeschäft. Auch wenn Wolfgang stets, bis zum Anfang der 2000er-Jahre betont, er überlasse alles Kaufmännische seinem da vielfach geschickteren Bruder.
„Die Fellners haben ihre Erfolgsformel in den frühen 1970er-Jahren entwickelt und sind ihr treu geblieben“, sagt Heinz Fabris, der ihre Anfänge als Uni-Assistent und verantwortlicher Redakteur der Schülerzeitung so hautnah verfolgen konnte.
Der Rennbahn-Express vom März 1971 mit der knalligen Coverstory über die „Rauschgiftszene von Salzburg“ ist nicht alleine ein Prototyp für Wolfgangs Journalismus. Er zeigt ebenso, wie das Brüderpaar Fellner wirtschaftlich agiert, und wirtschaftlich heißt bei den beiden Magazinmaniacs vor allem Marketing.
„Werbenummer“ steht neben dem Logo auf dieser Ausgabe. Eine erste große, professionelle Verteilaktion in Salzburg und Tirol, die sich bis zu den unzähligen, per landesweitem Postwurf verschickten Foldern für News, „tv-media“, Woman und schließlich Österreich fortsetzen wird. Oft bezahlt von Sponsoren, wie ganz am Anfang Wüstenrot. Oder 1979 von der Salzburger SPÖ. Auf deren Kosten verschickt der Verlag eine Ausgabe, die Teile des Jugendmagazins (mit dem aktuellen Cover) mit PR-Texten für die Landessozis und ihre Initiative „Jung sein in Salzburg“ kombiniert. Laut redaktionellem Editorial „einfach, weil die SPÖ die Partei ist, in der die Jungen mehr mitreden können und die immer wieder gezeigt hat, dass sie sich mehr für die Interessen der Jungen einsetzt als andere“. Wer den Rennbahn-Express sponsert, nützt der ganzen Jugend.
1971 brachten die Fellners dank Wüstenrot 6000 kostenlose Exemplare ihres Jugendmagazins unters Volk. Bescheiden im Vergleich zu ihren späteren Postwürfen an 2,2 Millionen und mehr Haushalte. Das Prinzip blieb das gleiche.
Wolfgangs Editorial über „Salzburgs größte Schülerzeitung“, „wirklich unabhängig“: „Wüstenrot stellte uns eine eigene Grafikerin zur Verfügung und übernahm außerdem die Druck- und Papierkosten unserer Zeitung und lieferte damit ein fantastisches Beispiel einer praktischen Unterstützung der Jugend, von der bei den meisten anderen Firmen und Organisationen leider nur gesprochen wird.“ Geht’s den Brüdern gut, geht’s uns allen gut. „Durch diese großartige Unterstützung ist es uns möglich, unsere Zeitung auch weiterhin zum Spottpreis von nur zwei Schilling zu verkaufen. Für eine Schülerzeitung im Offsetdruck einmalig.“ Unverkennbar Fellner.
Wir erleben hier das erste wirklich große Gegengeschäft der Brüder. Wüstenrot wollte Jugendsparen populär machen, bot Druck, Papier und Grafik und erhielt dafür Inserate. Später tauschen die Brüder nach dem gleichen Prinzip Inseratenseiten gegen Abobeigaben, Werbeflächen oder Vertriebswege: Druck-Finanzierungspartner Wüstenrot und Kreditgeber Bank Austria nehmen Österreich packenweise Exemplare ab, verrechnet als Großabos, und legen sie in ihren Filialen auf. Schon dieses Prinzip „Gegengeschäft“ verhindert jede realistische Einschätzung von außen, welche Inserate wie bezahlt sind. Die Uniqa-Versicherung von Miteigentümer Raiffeisen verschickt News oder „tv-media“ mit ihren Kundenmagazinen, die ebenfalls die News-Gruppe produzierte. Dasselbe Prinzip bringt später auch Österreich an Uniqa-Kunden.
Noch einmal unverkennbar Fellner: die Erfolgsmeldung über die „Werbenummer“ in der nächsten Ausgabe. „Für eine Woche war der ‚Rennbahn-Express’ das Tagesgespräch der Salzburger Schüler, stellte eine Schülerzeitung den Clay-Frazier-Kampf, Austria Salzburg, die neue Single der Deep Purple und die Hot-Pants in den Schatten. Wir, und das sagen wir fast mit ein wenig Stolz, waren Gesprächsthema in den Pausen, bei Mittagessen, in Klassenräumen, diversen Kaffeehäusern und Konferenzzimmern.“ So wird Wolfgang Fellner noch viele, viele seiner Zeitschriftenstarts bejubeln, später nicht erst in der nächsten Ausgabe. Bei „Madonna“ 2007 etwa, aber auch bei „Format“ und anderen Blättern, beschreibt er den Erfolg schon zeitgleich mit dem Erscheinen, feiert manchmal schon im ersten Heft dessen gewaltigen Absatz. Wie er es auch nach dem Kioskstart des Rennbahn-Express („als erste Schülerzeitung Europas“) 1974 geübt hat: „in fast allen großen Trafiken ausverkauft“. Dafür mussten die Rennbahn-Express-Mitarbeiter Sonderschichten mit Flugblättern vor Schulen und Unis einlegen, als der Vertriebsriese Morawa das Heft damals zunächst probeweise in sein Sortiment nahm, erinnern sich Mitstreiter von damals. Derlei hektische Verkaufsförderung gehört seither zum Grundrepertoire.
Die Kooperation mit Wüstenrot endet noch vor dem Sommer 1971. Noch in den 1970ern schrieb Fellner, weil sich die „Hausdruckerei durch den immer größer werdenden R‑E überlastet fühlte“. 2009 nennt er das Kind beim Namen: Der Salzburger Landesschulrat habe wegen eines kritischen Berichts über ihn bei dem Finanzinstitut interveniert. Die Story blieb, Wüstenrot ging, vorerst jedenfalls. Aber mit der aufwändigeren Produktion (und der großen Verteilaktion, klar) war der Rennbahn-Express schon „von unten nach oben gefallen“ (Fellner).
Die Brüder wagen die Flucht nach vorne, suchen eine eigene Druckerei. Die muss nach Fellnerschen Prinzipien ja nicht so teuer kommen: Größte Inserenten im Rennbahn-Express sind Anfang der 1970er-Jahre die Kompensationsanzeigen von Papierfirmen und Druckereien, erhob Peter Baumgartner für seine Dissertation.
Von unten nach oben gefallen, das bestätigen die (Druck-)Auflagen des Blatts: Von wenigen Dutzend 1968 auf rund 600 anno 1970, als die Fellners übernahmen. 1971 schnellten sie auf 1.600 Exemplare, im Jahr darauf 2.600, 1973 schon 4000. 1974 meldeten die Brüder schon 13.000 gedruckte Hefte, 1975 32.000, davon immerhin 22.250 verkauft.
Nach oben gefallen, das bestätigt auch Baumgartners penible Anzeigenstatistik: Schon 1971 vervielfachte sich der Inseratenanteil von bescheidenen vier auf ansehnliche 21 Prozent. Mercedes, Volkswagen, die rote Zentralsparkasse, Raiffeisen, Levi’s und Salzburger Nachrichten inserieren laufend. Die Fellners führen das später vor allem auf „Keilerpotenz“ und „gewisse Sympathien“ zurück. Zum Vergleich: Beim aus Deutschland importierten Konkurrenten Bravo erreichen Anzeigen Mitte der 1970er-Jahre 17 Prozent des Heftumfangs. Schon 1972 schafft das Fellner-Magazin 34 Prozent Inseratenanteil. Dabei hilft eine „Kooperation“ (Baumgartner) mit der SPÖ ungemein. Zusammen mit parteinahen Firmen wie Wiener Städtische Versicherung und BAWAG ist das rote Lager da schon größter Inserent. Übertroffen nur von den Gegengeschäften in Sachen Druck & Papier. Baumgartner, selbst lange Redakteur des Rennbahn-Express, untersuchte in seiner Dissertation auch „die Abhängigkeit der Thematik von finanziellen und massenkommunikativen Belangen“. Einfacher formuliert: Beeinflussen Inserate den Inhalt? Für Medien stets eine spannende Frage, für Fellner-Medien ganz besonders.
Beispiel Musikbranche: Bis zum Schuljahr 1974/75 im Rennbahn-Express redaktionell eher vernachlässigt, schreibt Baumgartner. 1975/76 erhält das Blatt „mit den ersten Anzeigen der Musikindustrie“ (vor allem des Labels Columbia/CBS) einen eigenen Musikteil, „der schließlich zur ‚Zeitung in der Zeitung’ avancierte“: „Dieses neue Feld der Berichterstattung resultierte aber nicht alleine aus dem bestehenden Bedürfnis der jungen Generation nach dem Angebot der Pop- und Rockmusik, sondern vielmehr aus der angekündigten Bereitschaft der Tonträgerindustrie, Anzeigen in entsprechendem Umfang zu schalten und damit zur Finanzierung des ‚Rennbahn-Express’ wesentlich beizutragen. Dieses Faktum war – nach Aussage des Management- und Marketingleiters (also Helmuth Fellner) – ausschlaggebend für die neue Blattlinie.“
Wolfgang Fellner hat eine andere Perspektive auf den Wandel: „Der ‚Rennbahn-Express’ war Begleiter der ganzen Austropopszene.“ Georg Danzer etwa haben „wir als einen der Ersten entdeckt“. Danzers Kunstfigur des singenden Sandlers, der es bis an die Spitze der Hitparade schaffte, trug das Musikblatt mit, gestellte Bilder des vermeintlichen Stadtstreichers inklusive. Danzer revanchierte sich mit seiner tiefen, gepressten, dreckigen Sandler-Stimme für den langjährigen Werbespruch „Des is der Rennbahn-Express“. Fellner hat den Spruch noch heute täuschend echt drauf. Der Rennbahn-Express war dabei, als Wolfgang Ambros „in einem Keller im 16. Bezirk ‚Da Hofa’ aufgenommen hat, wir waren an der Wiege dieses ‚Hofa’.“ Ambros wiederum „hat meine Sekretärin geheiratet“, sagt Fellner. Und: „Wir waren das Zentralorgan der Austropopszene, bis zum Höhepunkt Falco. Da die über Nacht Megastars wurden, hat das auch zu einer Verlagerung des ‚Rennbahn-Express’ von einer reinen Schuldemokratiezeitung zu dieser Star-Zeitung geführt. Die haben den ‚Rennbahn-Express’ mit dieser Ö3-Werbung praktisch hinaufgezogen. So ging da die Post ab.“
Baumgartner beobachtete „eine starke Parallelität von Anzeigen der Plattenfirmen und dazugehörigen unentgeltlichen und nicht gekennzeichneten PR-Artikeln“ im Rennbahn-Express. Das galt offenbar nicht nur für die Musikbranche: Das Salzburger Modehaus Thalhammer buchte Anfang der 1970er den prominenten Platz links und rechts des R‑E Inhaltsverzeichnisses. Im redaktionellen Teil, nicht als PR gekennzeichnet, finden sich Texte wie: „In den Thalhammer-Boutiquen ‚Modique’ und ‚Fashion-Club’ sind derzeit die neuesten Modelle aus Paris, Rom und Kopenhagen erhältlich.“ Oder: „Für Modebewusste bringen die Frühjahrsmodelle von Thalhammer eine Reihe neuer Möglichkeiten.“ Ein Editorial aus jener Zeit hebt hervor, dass an ein und demselben Tag ein Modebeitrag in Druck ging und Wolfgang in der ORF-Jugendsendung „Ohne Maulkorb“ über das „Geschäft mit der Jugend“ diskutierte. Das Editorial: „Ja, so inkonsequent ist der R‑E, oder könnte man auch sagen, so offen nach allen Seiten …“
Als Alternative zur Plattenbranche erwogen die Brüder unter anderem den Schwerpunkt Motorsport, „doch war schließlich das bessere finanzielle Angebot der Musikwirtschaft ausschlaggebend“, schreibt Baumgartner nach Gesprächen mit den Blattmachern. Das Sein (Cash) bestimmt das Bewusstsein (Inhalt): angewandter Marxismus-Fellnerismus, quisi-quasi.
Politik und Pop hatten „größte wirtschaftliche Relevanz“, schließt Baumgartner, „da ein eventueller Verlust dieses Teils des Anzeigenerlöses die finanzielle Situation untragbar gestalten und rote Zahlen bewirken würde“. Der frühere Rennbahn-Express-Redakteur: „Aus diesem Faktum kann natürlich nur eine logische wirtschaftliche Abhängigkeit des Jugendmagazins resultieren, die auch eine – freiwillige – Zensur der inhaltlichen Struktur oder eine tendenziöse Berichterstattung bewirkt.“ Ähnlich Christine Eberl über die 1980er: „Es scheint so, als wären thematische Belange im ‚R‑E’ weitgehend abhängig von den Investitionen der Konsumgüterindustrie, sprich Anzeigenkunden des R‑E“.
Bereits 1973 findet Baumgartner den Spitzenwert in der Geschichte des Jugendmagazins: 43 Prozent des Gesamtumfangs machen Inserate aus. Wolfgang wird in dem Jahr 19, Helmuth 17 Jahre alt. 1974 sind es 41 Prozent, in den Jahren danach pendelt sich der Anteil bei rund einem Drittel des Heftumfangs ein. Laut Baumgartners Beobachtungen „das höchste Anzeigenvolumen der Branche“.
73 Prozent der Erlöse kommen schon 1973 aus Anzeigen, 23 aus dem Vertrieb. Auch dieser Schlüssel bleibt für Fellner-Blätter charakteristisch: Billig verkaufen oder verschenken, damit die Auflage in die Höhe treiben, um mit möglichst vielen Lesern möglichst viel Geld mit Inseraten zu machen.
Mit zehn Exemplaren, vervielfältigt mit Durchschlagpapier, hat der Rennbahn-Express am 25. September 1968 begonnen. Zehn Jahre später drucken die Magazinbrüder schon (laut eigenen Angaben im Pressehandbuch) 62.000 Stück. Immerhin 48.000 davon verkaufen sie. Bis 258.000 Exemplare steigt die (Druck-)Auflage noch laut Impressum, interne Dokumente nannten auch 151.000 Stück als Höchststand.
Wie bilanziert Helmuth Fellner in den 1980ern ihr erstes Magazinabenteuer? „Wir haben bewiesen, dass man eine Zeitung in ungeahnte Höhen pushen kann, wenn man sie entsprechend bewirbt.“ Die zentrale Fellner-Formel.
Schon in den 1970ern buttern die Brüder satte 20 bis 25 Prozent ihres Budgets in Werbung für den Rennbahn-Express, schreibt Peter Baumgartner in seiner Dissertation. Helmuth Fellner in seiner Diplomarbeit: „Die Werbung ist eines der Hauptinstrumente, die dem Verlag zur Beeinflussung seines Betriebsergebnisses, aber auch der Entwicklung der Zeitschrift allgemein zur Verfügung steht. Die Werbeausgaben beeinflussen einerseits die zukünftige Verkaufszahl und über Umwege in geringerem Maße auch die Inseratensituation.“ Und: „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die pro Nummer beziehungsweise pro Jahr eingesetzten Werbemittel eine sehr direkte Auswirkung auf die jeweiligen Verkaufszahlen hatten. Die Verkaufszahlen werden daher im Wesentlichen vom eingesetzten Werbebudget abhängen.“
Neue Ausgaben bewerben die Fellners mit rund 100.000 Flugblättern in drei Zielgruppenversionen: für Schüler, Studenten und für Lehrlinge. 72 Mitarbeiter verteilen die Folder mit zwei bis vier Seiten vor Schulen, Unis und Jugendzentren, als Einzelverkaufsund Abowerbung und als Service für Jugendveranstaltungen. Weitere 55.000
Broschüren zur Imagewerbung versendet der Verlag an Inserenten, Trafikanten, Abonnenten. Alte Exemplare lassen die Brüder kostenlos verteilen. Das erhöht die Chancen, dass Menschen bei Reichweitenumfragen den Titel als gelesen nennen.
Gerade Flugblätter (und Verkauf an den Schulen) erweisen sich spätestens in einer Leserbefragung 1977 als effizienteste und effektivste Werbemaßnahme. Daraus werden noch aberhunderte, per Postwurf an 3,2 Millionen österreichische Haushalte verschickte Folder für News bis Österreich.
Schon beim Rennbahn-Express kommen dazu Plakatwerbung, Radiowerbung mit Danzers Sandler-Stimme im reichweitenstarken Wecker und in anderen Sendungen des ORF-Popradios Ö3, auch im Kino. Dazu Tauschinserate mit anderen Schüler- und Studentenzeitungen, auch mit Tageszeitungen. Bei Poptourneen und Konzerten übernimmt der Rennbahn-Express die Patronanz. Vécsei und der spätere Kurier-Gerichtsredakteur Ricardo Peyerl touren mit dem uralten VW-Bus der Redaktion etwa für „Waterloo & Robinson“ durch ganz Österreich, um am Vorabend der Konzerte die Auftrittsorte zuzuplakatieren.
Ebenfalls Fellner-typisch kümmert sich Helmuth besonders liebevoll um eine auffällige Präsentation der Exemplare in den Trafiken und Kiosken, nicht zuletzt durch „intensiven Kontakt zu den Trafikanten“. Auch „überdurchschnittliche Bezahlung der Kolporteure“ (Baumgartner) half beim Verkauf.
„In ungeahnte Höhen pushen, wenn man sie entsprechend bewirbt:“ Für Fellners Formel reichen Flugblätter und kostenlose Werbenummern, ein paar Kinound Radiospots plus Plakate noch nicht. Hans Heinz Fabris, Leihgabe des Publizistikinstituts als „verantwortlicher Redakteur“, erinnert sich an frühe Geschenkideen für Leserinnen und Leser: „Ihre Idealvorstellung lautete: Zu jedem ‚Rennbahn-Express’ gibt’s die Schuljause gratis.“ Kipferl und Kaffee werden dann zum Privatradiostart 1998 im Morgenverkehr serviert.
Die (natürlich „exklusive“) Broschüre „für den Mopedführerschein ohne eine Fahrschule!!!“ geht schon deutlich in Richtung Heftbeigabe, später erläutern solche Folder „Disco-Tänze“ oder Breakdance. Gleich danach, im April 1978, verspricht Seite 1 des Rennbahn-Express: „Erstmals! In diesem Heft: T‑Shirt zum Aufbügeln.“ Merke: Das Bügelsujet der Band Fleetwood Mac liegt bei, das Leiberl müssen die Leser selbst beisteuern.
„Die erste Schallfolie Österreichs“ packen die Brüder zur Mai-Ausgabe 1978. Schallfolie? In die hauchdünne Kunststoffschicht sind Rillen gepresst wie bei einer klassischen Schallplatte. Auf eine Vinylscheibe (als stabile Unterlage) gelegt, lässt sich das labbrige Ding abspielen. Austropopper Wilfried singt „Everyone’s a Winner“ von Hot Chocolate. Der Werbesong für Wiens Bürgermeister Leopold Gratz (SPÖ). Die „Initiative für Gratz“ und der Tonträgerkonzern EMI Columbia sponsern das Werbegeschenk. In dem hauchdünnen Stück Plastik vereinigen sich zentrale Faktoren der Fellner-Formel für den Rennbahn-Express (und was danach kommt): SPÖ und Plattenbranche finanzieren eine prototypische Werbemaßnahme der Magazinbrüder.
Die Masche kommt offenkundig an: Im Dezember 1978 liegen schon drei Bügel-Motive bei. Im März 1979 die nächste Schallfolie. Im April ein weiterer Fellner-Klassiker, viel zeitloser als Schallfolien und Bügelmotive: „Das ist der Gag des Wahlkampfs: POLITIKER ZUM SCHNAPSEN“. Solche Spielkarten werden uns über Jahrzehnte in unzähligen Versionen durch viele, viele Fellnerblätter verfolgen. Wie Faschingsmasken von Politikern, diesen Reigen eröffnet Kanzler Fred Sinowatz 1984 auf dem Basta-Cover, gemalt von Manfred Deix. Österreich bietet wenigstens mit dem Schönbrunner Jungpanda Fu Long ein bisschen Abwechslung.
Spätestens Anfang der 1980er Jahre steht das Beilagenwesen der Brüder Fellner in voller Blüte: Im April 1982 „stürmten“ (laut Wolfgangs Rückblick) „die Jugendlichen die Trafiken“, weil das Jugendmagazin 120.000 Ansteck-Badges verschenkte. 1983 gibt’s zum Heft einen „Rock-Kalender“, zum Abo einen zweiten Kalender, monatlich einen Ansteck-Button und einen Kuli mit Aufdruck: Ambros, Kiss, Beatles, Bowie oder Shakin’ Stevens. Dann zu jedem Heft ein Hals-„Ketterl“, in der nächsten Ausgabe den Kupon für einen mindestens ebenso trashigen „Gratis-Anhänger“ (von „I love The Beatles“ bis „Weil i di mog“) dazu. Zum nächsten Rennbahn-Express „gratis“ Samen für eine Sonnenblume. Fußballanhänger aus Plastik für den Schlüsselbund. „Gratis“-Aufkleber mit gezeichneten Starporträts „von Nena bis Bowie“ – und vom bei Fellner allgegenwärtigen Rennfahrer Niki Lauda bis zu Kanzler Sinowatz. Und in der Tonlage weiter und immer weiter bis zu den CDs mit News und den DVDs bei Österreich.
Das „Ambros-Buch“ zum Rennbahn-Express gibt es „gratis beim Trafikanten“. Die „Jubelschreiben“ füllen zwar „einen ganzen Karton“, erklärt Fellner in der folgenden Ausgabe. Aber Ambros ist grantig, weil er nicht wusste, dass die Rockbuch-Serie „von Philips präsentiert“ wird. Er hätte ahnen können, wie die Brüder arbeiten.
Die brisanteste Beigabe beschäftigt da längst Gerichte. Im Mai 1981 schrie Seite 1 des Rennbahn-Express gleich unter Peter Maffays Konterfei: „ALS BEILAGE!!! 1 BIKINI GRATIS!!!“ Später erinnert sich eine Jubelnummer so an diesen Beilagen-Brüller: „Wolfgang hatte wieder einen unschlagbaren Werbehit für den ‘Rennbahn-Express’ kreiert – diesmal einen beigelegten Bikini. Der Werbeslogan hieß: ‚Du gehst einfach in die nächste Trafik – und kommst im Bikini wieder heraus …’ Uschi war der bezaubernde Bikini – und wahrscheinlich der wichtigste Grund, dass der ‚Rennbahn-Express’ mit dieser Ausgabe erstmals mehr als 200.000 Hefte verkaufte, eine nie wieder erreichte Marke.“ Im Impressum stand lange „Auflage: 258.000“, wohl die gedruckte.
Die Fellners legen nicht einfach einen Bikini bei. Der Mai-Ausgabe können die Leserinnen nur das Oberteil entnehmen. Zwei Fetzchen Papierstoff mit Schnüren, aber „sogar wasserfest“ und natürlich „der absolute Zeitungswahnsinn“.
Das findet allerdings auch der Kurier: Das Unterteil des Wahnsinns erst in der Juni-Ausgabe beizulegen, setzt Leser unter klaren „Kaufzwang“, bemängelt die Tageszeitung, der damals schon eine Handvoll Magazine wie „profil“ und „trend“ gehören. Der Kurier zerrt die Brüder wegen unlauteren Wettbewerbs vor Gericht. Nicht das einzige Verfahren, ein ganzes Bündel läuft damals zwischen Kurier und Rennbahn-Express, zwischen den Anwälten Gottfried Korn und Ewald Weninger. Aber das bekannteste, vielleicht markanteste Verfahren ist dieses. Nicht allein, weil die damalige PR-Assistentin beim Musiklabel Ariola 1985 Wolfgang Fellners Frau und recht rasch auch Mutter von Niki und dann drei weiteren Kindern (Jenny, Desiree und schließlich, 2004, Benny) wird.
Das Verfahren bringt den Fellner-Brüdern den Investor für ihr nächstes Projekt – und später auch die Basis für ihre übernächsten, wirklich großen Medienprojekte.
Wer finanziert das nächste Projekt? Vor dieser Grundfrage Fellnerschen Schaffens stehen die Brüder Anfang der 1980er Jahre. Sie beantwortet sich praktisch von selbst. Dank Uschi, dank Bikini, dank Kurier-Klage, vor allem dank Michael Grabner.
Grabner ist damals Marketingmanager des Kurier und laut Helmuth Fellner ein „visionärer Kopf“: „Der hatte die Idee, es wäre besser, als Kurier etwas für die jugendliche Zielgruppe zu tun, als uns zu klagen.“ Geklagt hatte der Kurier ja schon, doch gegen eine Beteiligung am ersten Verlag zog er diese Klage zurück. Laut Helmuth eine Schlüsselstelle im Leben der Brüder: „Damit hatten wir die ökonomischen Möglichkeiten, etwas Neues zu entwickeln. Uns war ja klar, dass wir irgendwann dem Jugendzeitungsalter entwachsen würden. Mit der Basta-Entwicklung war auch klar, endgültig einen Beruf daraus zu machen.“ Nicht nur die Brüder entwachsen dem Jugendzeitungsalter, auch ihre Zielgruppe. Die Generation Fellner, quisi-quasi. Wolfgang ist 28 und Helmuth 26, als die Magazinbrüder Ende März 1983 ihr nächstes Monatsmagazin unters Volk bringen: Basta, Untertitel: „Illustrierter Gesprächsstoff für Österreich.“ Die Brüder versprechen „ein neues Illustriertengefühl“. Wolfgang formuliert seine Parole „Zeitung muss brennen“. Mit Sätzen wie diesem befeuert er Erwartungen an seine Produkte. Immer und immer wieder.