SLAPP-KLAGE Hohe Entschädigungsforderungen zur Einschüchterung von Medien, Journalistinnen, Journalisten
- Strategic Lawsuits against Public Participation, kurz SLAPP werden spätestens in den 2020ern auch in Österreich zum Branchenthema, ein Problem waren sie schon, bevor sie einen Fachbegriff bekamen.
- Klagen, Klagsdrohungen und teils existenzbedrohend hohe Forderungen (Entschädigung, Schadenersatz) plus hohe Steitwerte und hohe Anwaltskosten als Instrumente oder besser Waffen gegen kritischen, recherchierenden, aufdeckenden Journalismus, darum geht es hier grob umrissen. Solche Klagen oder Klagsdrohungen können der Einschüchterung dienen, von Recherchen abzusehen oder deren Ergebnisse zu publizieren. Sie können Medien, Journalistinnen und Journalisten in ihrer Existenz bedrohen. Für Kläger angenehmer Nebeneffekt: Solche rechtlichen Auseinandersetzungen binden Zeit von Redaktionen und Journalisten für ihre Arbeit. Wenn sie diese Ziele verfolgen, spricht man von SLAPP-Klagen. Wer sie beauftragt und die ausführenden Anwälte weisen solche Ziele gemeinhin zurück – sie argumentieren mit dem Schutz ihrer Mandanten, ihres Ansehens oder ihrer Kreditwürdigkeit.
- Persönlich. Die Klagen und Klagsdrohungen richten sich zunehmend nicht alleine gegen das Medium, also den Medieninhaber, sondern auch gegen Journalistinnen und Journalisten persönlich. Etwa eine Klage der Signa gegen Zackzack.at und seinen Chefredakteur Thomas Walach wegen Berichterstattung über Thomas-Schmid-Chats. Oder auch eine Klage Wolfgang Fellners gegen den Standard und den beim Standard wegen von Fellner als falsch bestrittenen Belästigungsvorwürfen recherchierenden Journalisten Laurin Lorenz 2021. Sie wollte im März 2021 noch vor der ersten Veröffentlichung neben der Preisgabe der Identität auch weitere Recherchen gerichtlich untersagen lassen. Die Klage wurde Anfang Juli 2021 zurückgezogen.
- Medienanwalt Peter Zöchbauer vertritt neben der Fellner-Mediengruppe etwa auch Novomatic, René Benkos Signa-Holding (jedenfalls gegen Zackzack.at 2021) und die OMV (jedenfalls 2021 gegen Dossier.at). Er sagt im Februar 2022 in einem Doublecheck-Beitrag auf Ö1 über SLAPP-Klagen: "Ich führe keine Slapp-Verfahren. Es wenden sich Personen an mich, die behaupten, dass sie mit bestimmten Inhalten rechtswidrig, wahrheitswidrig herabgesetzt werden. Damit wird ausschließlich das Ziel verfolgt, die Reputation der entsprechenden Personen zu schützen. Kein anderes. Man beginnt, Anwälte dafür zu kritisieren, dass sie ihrem Beruf nachgehen."
- Beratung. Der Wiener Presseclub Concordia hat – insbesondere für solche SLAPP-Klagen gegen Mitglieder – 2022 einen "Rechtsdienst" eingerichtet, der Schulungen und Beratung anbietet.
Im Lexikonstichwort finden Sie einige Beispiele für Klagen, die den Eindruck erwecken, sie verfolgen zumindest eines der genannten Ziele, es ist noch in Arbeit und wird ergänzt.