Zeitungen
Eines der schon recht alten Massenmedien – und auch heute noch eines der gewichtigsten, jedenfalls in Österreich: Rund 60 Prozent der Menschen ab 14 sagten, sie greifen täglich zu einer Kauf- oder Gratiszeitung. An die Zeitungen gehen in Österreich lange Jahre die höchsten Brutto-Werbevolumina – auch und vor allem jene öffentlicher Stellen. Der Branche ging es aber schon deutlich besser. Jüngstes Opfer: Die Styria stellt Anfang September 2016 das Wirtschaftsblatt nach 17 Millionen Verlust in 10 Jahren ein.
- Werbegröße. Printmedien sind in Österreich noch die größten Werbeträger laut Focus Marketing Research mit fast 46 Prozent vom Bruttowerbemarkt – in vielen anderen Ländern liegt längst das Fernsehen vorne, und auch Onlinewerbung überholt. Die Tageszeitungen sind hier traditionell die gewichtigste Gruppe mit rund 27 Prozent Werbemarktanteil, Kopf an Kopf mit dem Fernsehen. Aber: Diese Daten bilden das Gewicht der internationalen Onlinewerberiesen wie Google und Facebook in Österreichs Werbemarkt nur ungenügend ab, zeigen die Daten der Digitalsteuer auf Werbeeinnahmen dieser Riesen in Österreich, eingehoben ab 2020. Hochrechnungen aus den Werbeabgaben deuten darauf hin, dass auf internationale Digitalkonzerne schon zumindest ein Drittel des österreichischen Werbevolumens entfällt, mehr als auf Printmedien, mehr als doppelt soviel wie auf Tageszeitungen.
- Verkaufserlöse vor Werbung. In Österreich sind keine Nettowerbeumsätze von Zeitungen verfügbar. Das Nettowerbevolumen deutscher Tageszeitungen knickte von 2001 rund 5,6 Milliarden Euro auf 2018 rund 2,2 Milliarden Euro ein, etwas mehr als ein Drittel des Wertes vor knapp zwei Jahrzehnten. Seit 2016 haben Vertriebserlöse bei Österreichs Kauftageszeitungen mehr wirtschaftliches Gewicht als die Anzeigenerlöse.
- Die höchsten Werbebudgets öffentlicher Stellen (veröffentlicht nach dem Medientransparenz-Gesetz, insgesamt rund 170 bis 180 Millionen Euro im Jahr) gehen an die Boulevardtitel Kronen Zeitung, Heute und Österreich/Oe24. Presseförderung (insgesamt 8,9 Millionen) gehen an alle Tages- und Wochenzeitungen, die höchsten Beträge erhalten Die Presse, Der Standard, Volksblatt und Neue Vorarlberger.
- Österreichs weitaus größte Tageszeitung ist die Kronen Zeitung mit rund 27 Prozent Reichweite national und rund 45 Prozent der verkauften Zeitungsauflage. Danach kommt lange nichts – und dann die Gratiszeitung Heute mit rund 12 Prozent Reichweite, die regionale Kleine Zeitung mit rund 10 und Österreich/Oe24 mit rund 8 Prozent. Die Kronen Zeitung gehört zu 50 Prozent der Gründerfamilie Dichand und zu 50 Prozent der deutschen Funke-Gruppe und der Signa Holding des Tiroler Milliardärs René Benko.
- Zeitungsmarktbeherrscher Mediaprint. Mit dem Kurier im Eigentum von Raiffeisen und Funke/Benko legte die Krone 1988 – ungehindert von Medienpolitik und ohnehin real nicht existierendem Kartellreccht – ihren Verlag zusammen, gemeinsam bilden sie Österreichs größten und marktbeherrschenden Zeitungsverlagskonzern Mediaprint.
- Der Wiener Boulevard. In Wien liegt die Gratiszeitung Heute seit 2010 deutlich vor der Kronen Zeitung. An Heute ist Eva Dichand (beziehungsweise ihre Pluto Privatstiftung) wesentlich beteiligt, die Frau von Krone-Miteigentümer und ‑Herausgeber Christoph Dichand. Mit der Gratiszeitung Heute gaben SPÖ-nahe Personen und Eva Dichand der Krone durchaus erfolgreich Flankenschutz gegen Österreich/Oe24 der Familie Fellner. Seit 2016 ist der Schweizer Verlagskonzern Tamedia maßgeblich an Heute.at und Heute beteiligt.
- Die Länderwertung. Niederösterreich und Burgenland sind – wie lange auch Wien – Stammbundesländer der Krone. In der Steiermark und in Kärnten ist die Kleine Zeitung der Styria das marktbeherrschende Landeshauptblatt. In Oberösterreich liegen die Oberösterreichischen Nachrichten der Wimmer Holding nach jahrzehntelangem Rückstand zur Krone wieder knapp und nummerisch vorne. In Salzburg die Salzburger Nachrichten der Familie Dasch/Kaindl-Hönig. Das Land Tirol dominiert die Moser Holding insbesondere mit der Tiroler Tageszeitung, Vorarlberg wiederum Russmedia auch mit den Vorarlberger Nachrichten und dem Beiboot Neue Vorarlberger Tageszeitung.
- Im Qualitätszeitungsmarkt matchen sich Der Standard im (Stiftungs-)Besitz der Gründerfamilie Bronner, Die Presse der Styria, die Salzburger Nachrichten, die Wiener Zeitung als publizistischer Sonderfall in Republiksbesitz und, je nach Definition, der Kurier.
- Pressure Group. Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) zählt traditionell zu den gewichtigsten Interessenvertretungen in der Medienbranche. Der VÖZ war wesentlich mitverantwortlich für die sehr späte Zulassung von Privatradio und Privatfernsehen.
- Deutlich mehr – etwa Grafiken über die Reichweiten national und in allen Bundesländern sowie Timelines über ihre historische Entwicklung seit den 1960ern, die Auflagen- und Auflagenmarktanteile – gibt es im Aboteil unter dem Lexikonstichwort Zeitungen, eine historische Timeline über die Zeitungsstarts und ‑einstellungen seit 1945 finden sie unter ZEITUNGEN Gründungen und Einstellungen von Tageszeitungen seit 1945
Das Letzte: Updates zum Ein-/Ausklappen
- 29. März 2020
Die Presse stoppt ihren Sonntagsvertrieb über Selbstbedienungstaschen - Die Presse erklärt ihren Leserinnen und Lesern am 29. März 2020 im letzten Absatz ihres Editorials auf Seite 2, dass sie den Sonntagsvertrieb über Selbstbedienungstaschen (sogenannte Stumme Verkäufer) einstellt. Auch die Vertriebspartner erfahren aus der Zeitung davon, dass der Abschied von diesem Vertriebsweg fix ist. Denn SB-Vertrieb organisiert eine gemeinsame 50:50-Tochterfirma des Presse-Mutterkonzerns Styria und des Standard. Den Standard soll es nach Unternehmensangaben von Ende März 2020 weiter am Wochenende im SB-Vertrieb geben; eine weitere Reduktion der SB-Standorte ist möglich. Presse und Standard haben ihren SB-Vertrieb außerhalb Wiens bereits seit Jahren schrittweise reduziert. Der SB-Vertrieb in Wien beschäftigt Zeitungsmanager in diesem Frühjahr 2020, weil Gesetzesnovellen des Bundes und deshalb auch der Stadt Wien über die Gebrauchsabgabe für solche Nutzung öffentlicher Flächen Werbung auf diesen SB-Taschen drastisch einschränken könnte und Standorte neu zu bewilligen (und zu bezahlen) wären. Die SB-Taschen sind wesentliche vor allem innerstädtische Werbeflächen für die Zeitungen selbst, teils auch an Werbekunden vermarktet.
- 29. November 2019
Deutschland beschließt 40 Millionen Euro Vertriebsförderung für Zeitungen - Die Abgeordneten der Koalitionsparteien CDU und SPD im Bundestag beschließen Ende November 2019, den Abo-Vertrieb von Zeitungen und Anzeigenblättern mit 40 Millionen Euro pro Jahr zu fördern. Bis diese Presseförderung fließen kann, braucht es aber noch ein detaillertes Reglement dafür. Zeitschriften sind ausgenommen. Das Fördervorhaben ist vorerst auf fünf Jahre befristet. 2018 hat Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn für Zeitungszusteller.
- 9. Juli 2019
Ein Viertel weniger Newsroom-Jobs binnen zehn Jahren in den USA - Das Pew Research Center hat die Beschäftigtenzahlen in US-Reaktionen über zehn Jahre laut offiziellen Statistiken analysiert und kommt zum Schluss: Von 2008 bis 2018 sank die Zahl insgesamt um ein Viertel, in Zeitungsredaktionen gleich um 47 Prozent. Die (wie ich finde) recht eindrucksvolle Pew-Grafik:
- 31. Dezember 2018
Morawa stellt Zeitungsvertrieb ein - Am 11. Juni 2018 informiert der große Buch- und Zeitungsvertrieb Morawa die Belieferung von Trafiken und anderen Einzelverkaufsstellen mit Zeitungen und Magazinen mangels Aussicht auf wirtschaftliche Führung mit Jahresende 2018 einstellt. Eine Fusion mit der Zustellung des Salzburger Pressegroßvertriebs PGV ging wettbewerbsrechtlich nicht durch. Nun ist der PGV vorerst allein im (schwierigen) Markt. Laut Zeitungsverband werden weniger als 7 Prozent der Auflagen über den Einzelhandel abgesetzt, der allergrößte Teil über Abonnements.