Exxpress
Inhalt
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Warum ist das wichtig?
- Das weit rechts-konservative Portal Exxpress schaffte schon mehr als eine Million Unique User (Anfang 2023) und eine doch beachtliche Aufmerksamkeit in der politmedialen Öffentlichkeit mit sehr angriffigem Boulevardjournalismus gegen die Grünen, 2020 bis 2024 Regierungspartner der ÖVP, und gegen anspruchsvollere Medien, und mit viel Verständnis für weit rechte Themen sowie für Russland.
- Die phasenweise beachtliche Reichweite verdankte Exxpress vor allem dem Radikalboulevardisten Richard Schmitt als Gründungschefredakteur und Motor, der mit Ressentiment und Angriffsmodus auf Social Media viel Schub entwickelt.
- Schmitt verlässt den Exxpress und seine Anteile am Medium nicht ganz freiwillig im Ende Jänner 2024, auf der Payroll steht er noch bis zur Jahresmitte. Schmitt kündigt für August 2024 ein neues Medienprojekt an. Die Unique Clients haben sich da schon halbiert, der Exxpress verzichtet danach eine Weile auf Ausweisung in der Österreichischen Web-Analyse (ÖWA)
- Nius an Bord. Wer mit einem moderateren Kurs nach Schmitts Abgang rechnete, dürfte von der Idee mit Mai 2024 wieder abgekommen sein: Das auch weit rechte deutsche Krawallportal Nius, geführt von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt, steigt mit 25 Prozent beim Exxpress ein als "Start einer Kooperation". Im Oktober 2024 stockt Nius auf 50 Prozent auf und wird größter Gesellschafter.
- Mehrheitseigentümerin und Herausgeberin ist Eva Schütz. Die Juristin und ehemalige leitende Kabinettsmitarbeiterin im ÖVP-geführten Finanzministerium lebt inzwischen getrennt von ihrem Mann Alexander Schütz, vielmillionenschwerer Investor und früherer ÖVP-Großspender.
Was macht den Exxpress aus?
Für heftige Kritik sorgen in den ersten zwei Jahren Exxpress etwa 2021 Vorwürfe zu Akten-Leaks gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und Falter-Chefredakteur Florian Klenk in Sachen ÖVP-Ermittlungen. Exxpress vermutet einen „politischen Mordversuch“ an Kurz, „wie der Ibiza-Coup geplant“.
Der Exxpress schießt etwa besonders heftig publizistisch gegen die damalige Justizministerin Alma Zadic (Grüne) wegen schließlich ad acta gelegter Plagiatsvorwürfe; es verteidigt tendenziell die ÖVP und vor allem das Kurz-Lager.
Eine langjährige enge Mitarbeiterin Schmitts wirft der Exxpress hinaus, als sie Nationalsozialisten, die in der Wannsee-Konferenz den Holocaust planten, auf X (früher Twitter) als "nicht nur Mörder, sondern durch und durch Sozialisten" beschrieb. Die nunmehrige Ex-Redakteurin klagte, argumentierte, ihr Tweet passe in die Linie des Mediums, berichtet, sie habe sich intern über den Umgang mit Mitarbeiterinnen und über Engagements „ideologisch eher ‚rechts‘ angesiedelten“ Personals beschwert. Das Medium wies die Vorwürfe zurück, die Klage endet mit einem Vergleich.
Ende 2022 publiziert der Exxpress eine als antisemitisch eingestufte Karikatur zu einem Artikel unter dem blattlinientreuen Titel „FTX, Selenskyj, Biden: Der Krypto-MilliardenKrimi, der vertuscht werden soll“.
Im Juni 2023 veröffentlicht Schmitt ein Gespräch mit Russlands Botschafter in Wien, Dmitri Ljubinski, in dem dieser praktisch unhinterfragt die russische Darstellung des Angriffskriegs gegen die Ukraine präsentieren kann. Der Recherche- und Medienwatchblog Kobuk und Falter dokumentieren die Russlandfreundlichkeit des Mediums 2023 in einer Titelstory über „Putins Propaganda-Exxpress“, im Blatt mit "Russland-Exxpress" betitelt: „Reine Kreml-Propaganda [...] sickert in unzählige Geschichten.“ Schmitt indes spricht von einer neutralen Linie.
Wem gehört der Exxpress?
Eva Schütz und die deutsche Nius-Betreiberin Vius SE geben am 22. Mai 2024 bekannt, dass Vius beim Wiener Exxpress mit 25 Prozent als "Start einer Kooperation" einsteigt. Ein Monat später ist die Beteiligung noch nicht erkennbar im österreichischen Firmenbuch eingetragen.
Beteiligt an der Web Exxpress Holding GmbH im November 2024:
- Vius Eva Schütz Beteiligungs GmbH im Alleinbesitz von Eva Schütz mit 72,6 %
- Libertatem Stiftung aus Liechtenstein mit 25,2 %
- Utiply Family Office GmbH von Helmut Essl mit fast 2,2 %.
Die Libertatem Stiftung wurde laut Schütz von einem inzwischen verstorbenen Unternehmer gegründet. Vor- stand ist der in Liechtenstein tätige Anwalt Dominik Schatzmann. Die Libertatem finanziert etwa seit 2022 den „Internationalen Journalisten-Kongress“ in Bregenz mit überwiegend rechter/ rechtskonservativer/rechtsliberaler Besetzung wie Ferdinand Wegscheider (Servus TV), Roland Tichy (Tichy’s Einblick), Richard Schmitt, Gudula Walterskirchen.
Und wem gehört Nius?
Nius ging im Juli 2023 online. Die Medieninhaberin Vius SE wird laut deutschen Medienberichten kontrolliert vom CDU-nahen Milliardär Frank Gotthardt, Informatiker und Unternehmer aus Koblenz (Rheinland-Pfalz).
Der deutsche Medienkritiker Stefan Niggemeier porträtierte das von Julian Reichelt geführte Portal mit dem treffenden Titel "Nius produziert nicht Journalismus, sondern Wut" auf Niggemeiers Medienjournalismusportal Übermedien.de.
Nius ritt eine brutale Kampagne gegen die stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, Alexandra Föderl-Schmid, befeuert mit Plagiatsvorwürfen des auf Plagiate spezialisierten Salzburger Gutachters Stefan Weber.
Wirtschaftlich schwierig
Trotz zeitweise beachtlicher Reichweiten und öffentlicher Förderungen sowie einiger Werbebuchungen öffentlicher Stellen lief der im März 2021 gestartete Exxpress offenkundig nicht ganz wie erwartet. Eva Schütz gewährte schon 2022 fast 1,2 Millionen Euro als Wandeldarlehen, Ende 2023 musste der Exxpress wegen drohender 6,5 Millionen Bilanzverlust alle 4,8 Millionen Rücklagen auflösen und die 1,1 Millionen Stammkapital einsetzen, um Verluste abzufangen. Schütz übernahm den Großteil der Anteile von Gründungschefredakteur Schmitt und kleineren Gesellschaftern bei der Gelegenheit.
Förderungen
Für Diskussionen sorgen angesichts des sehr eigenen Verständnisses von Journalismus, öffentliche Medienförderungen für das Onlineportal Exxpress. 2022 erhielt der Exxpress 712.500 Euro Digitaltransformationsförderung und fast 400.000 Euro Privatrundfunkförderung. 2023 gibt es beim ersten von zwei Terminen 180.000 Privatrundfunkförderung und 124.000 Euro Digitalförderung. Mit September 2023 streicht der Exxpress, offenbar auch wegen reduzierter Förderungen, seine TV-Aktivitäten zusammen und gibt die Rundfunkverbreitung auf, die Bedingung für Privatrundfunkförderung.
2024 lehnt die Medienbehörde einen Antrag des Exxpress auf die neue Qualitätsjournalismusförderung (erstmals und rückwirkend für 2022 vergeben) ab, weil die Fortführung nicht als gesichert gelte. Kurz darauf gab der Exxpress den Einstieg von Nius bekannt.
Wer ist Exxpress-Herausgeberin Eva Schütz?
Die karriere- und erfolgsorientierte Juristin und Unternehmerin Eva Schütz ist Haupteigentümerin der Web Exxpress Medien Holding GmbH und Herausgeberin.
Schütz engagierte sich nach einem ersten Anlauf bei den Neos in der ÖVP von Sebastian Kurz, war Mitglied im Kabinett des Finanzministeriums, zählte aber nicht zum engsten Kreis um Kurz’ Machtmanager Thomas Schmid, der sich in Chats auch abfällig über sie äußerte.
Eva Hieblinger-Schütz lebt inzwischen getrennt vom Unternehmer, Finanzinvestor und Multimillionär Alexander Schütz, der einst für die Kurz-ÖVP 100.000 Euro spendete und mit Sebastian Kurz nach dessen Abschied aus der Politik ein gemeinsames Unternehmen namens AS2K im Bereich Gesundheit/Tech startete. Alexander Schütz hat die Vermögensverwaltung C-Quadrat gegründet, war Aufsichtsrat der Deutschen Bank, bis Chats mit Wirecard-Vorstand Markus Braun öffentlich wurden, in denen er Braun auffordert, die Financial Times fertigzumachen (deren Recherchen das Kartenhaus Wirecard zum Einsturz und Braun vor Gericht bringen).
An Heinz-Christian Strache schrieb Schütz 2019 in einem öffentlich gewordenen Chat über den ORF: "Das rote Zeckenparadies geht allen auf die Nerven!" Nachsatz: "Und die APA gehört auch aufgeräumt." Alexander Schütz erklärte dem Standard 2021, er sei beim Exxpress weder engagiert noch beteiligt, seine Inhalte teilt er aber.
Eva Schütz suchte nach dem Start Investoren für den Exxpress als „gesellschaftspolitisches Projekt“, um gesellschaftliche und politische Haltungen zu verändern, zitierte der Falter aus einem Schreiben: "Das Bedürfnis der Menschen, etwas anderes als die liken Mainstream-Medien zu lesen, ist auf jeden Fall vorhanden."
- Porträt Der Standard porträtierte Eva Schütz im März 2024 ausführlich als "die nette Frau Krawall".
Wer ist Exx-Exxpress-Mastermind Richard Schmitt?
"Gehobenen Boulevard" kündigten Gründungschefredakteur Richard Schmitt und Herausgeberin Eva Schütz im September 2021 beim Start des Exxpress an. Richard Schmitt ist eher nicht der publizistische Typ für gehobene Angebote.
Schmitt ist über die ersten zweieinhalb des Portals der Exxpress. Oder wie er mir einen Tag vor seinem nicht ganz freiwilligen Abgang im Jänner 2024 erklärte: Der Exxpress bin ich. Warum soll ich mich zurückziehen? Das ist mein Baby." Am nächsten Tag gab er seinen Rückzug auf X bekannt.
About Schmitt
Schmitt hat seine publizistische Zielgruppe in der großen Gruppe der Unzufriedenen und Grantigen gefunden, die Schuld und Verantwortung bei den anderen sehen. Getriggert von Stichwörtern wie links, grün, Klimawandel, ORF, Corona-Politik, Gendern ... Diese Töne schlägt Schmitt auf Exxpress und, im Dauerfeuer, auf sozialen Medien an. Nicht zufällig sprechen Exxpress, die FPÖ und eine große Law-andOrder-Fraktion in der ÖVP eine ähnliche Zielgruppe an.
Der Medienwatchblog Kobuk und der Falter beschreiben Schmitts Methode im Sommer 2023 so: „Er stellt eine Unwahrheit als Frage in den Raum und verzerrt die Fakten so, dass sie gerade nicht klagbar, aber dennoch falsch sind. Dann stalkt er sein Opfer publizistisch über Wochen.“
Krone, U-Express, Heute, krone.at, Oe24, Exxpress und wieder neu
- Richard Schmitt hat bei der Krone gelernt, als sie unter Gründer Hans Dichand den Ausdünstungen der österreichischen Volksseele noch ein Stück rücksichtsloser folgte. Er hat für den alten Dichand die Gratiszeitungen U-Express und Heute geführt mit seinem radikalen, auf den Mann (und die Frau) spielenden, ressentimentgetriebenen Boulevardjournalismus.
- Schmitt hat krone.at als Chefredakteur im thematischen Pingpong mit dem damaligen FPÖ-Chef Strache und seiner damals gewaltigen Facebook-Reichweite groß gemacht. Selbst der Krone aber schien Schmitts Zugang zu weit zu gehen.
- Da kam im Mai 2019 das Ibiza-Video gerade recht im internen Machtkampf um den Krone-Kurs. Dort träumte Strache vor einer vermeintlichen Oligarchin von der Übernahme der Krone, die, personell auf Kurs gebracht, die FPÖ auf Platz eins pushen sollte. Journalisten bezeichnet Strache in dem Video pauschal als „die größten Huren auf dem Planeten“. An anderer Stelle lobt er Krone-Journalist Schmitt indes als „einen der besten Leute, die es gibt“.
- Mit Strache wälzt Schmitt 2019 nach seiner Entmachtung bei und seinem Abgang aus der Krone laut Chats Pläne für ein gemeinsames Onlinemedium, Anteile sollten die beiden und ein oberösterreichischer Industrieller halten.
- Schmitt wird erst 2019 Chefredakteur Online und TV bei der FellnerMediengruppe (Oe24), für einige Monate jedenfalls.
- 2021 startet er mit Schütz den Exxpress, mit 10 Prozent der Anteile, im Frühjahr 2024 geht er von Bord.
- Wird für ein für 2025 geplantes KI-News-Projekt gehandelt namens st24news.com von Medienmanager Markus Posset und Unternehmer David Tschikof, Bruder von Kathrin Glock.
Updates
- Vera Regensburger, eine Wegbegleiterin des ehemaligen Kanzlers und ÖVP-Chefs Sebastian Kurz wird mit einer außerordentlichen Gesellschaftsversammlung am 17. Mai 2024 zur Geschäftsführerin der Web Exxpress Holding GmbH bestellt, der Medieninhaberin des österreichischen Krawallportals Exxpress. Regensburger war bis April 2022 Vizekabinettschefin im Bundeskanzleramt von Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer. Davor war Regensburger Bereichsleiterin für Politik und Strategie in der ÖVP-Zentrale unter Obmann Sebastian Kurz. Regensburger ist zudem Geschäftsführerin der AS²K von Kurz und Investor Alexander Schütz.
- Alexander Schütz, der beim Start des Exxpress noch erklärt hatte, er habe mit dem Exxpress seiner – inzwischen getrennten – Frau Eva Schütz nichts zu tun. Nun hat er 2024 doch 3,45 Prozent übernommen.
- Mit der Gesellschafterversammlung am 17. Mai 2024 wird der Einstieg der deutschen Vius SE & Co. KGaA mit 25 Prozent fixiert, der Betreiberin von des von Julian Reichelt geführten Nius. Für den Neo-Gesellschafter Vius wird Christian Opitz Geschäftsführer beim Exxpress.
Express-Watchblogger "Björn Björnsen"
Sehr aufmerksam beobachtet, kommentiert und korrigiert ein:e User:in unter dem Pseudonym Björn Björnsen auf "X" Inhalte und Fails des Express, zu finden unter @bjoernsenior.
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