Werbung öffentlicher Stellen: Österreichs Medientransparenz
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Warum ist das wichtig?
- Werbebuchungen öffentlicher Stellen in Österreich sind im internationalen Vergleich herausragend hoch.
- Die Daten und Studien des Medienhaus Wien (Scheinbar transparent, PDF-Link) zeigen einen Schwerpunkt der Buchungen in Boulevardmedien, der sich nicht durchgängig mit Nutzungsdaten erklären lässt.
- Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt ab 2021 auch mit Hausdurchsuchungen mögliche Zusammenhänge zwischen öffentlichen Werbebuchungen und inhaltlichen Erwartungen in oder Versprechungen durch einzelne Boulevardmedien. Sebastian Kurz trat wegen solcher Ermittlungen im Oktober 2021 als Bundeskanzler und wenig später als ÖVP-Obmann zurück.
- 193 Millionen Euro wurden für 2023 gemeldet, bevor eine Novelle mit 2024 die nicht meldepflichtigen Ausnahmen gestrichen hat.
- Die ersten neuen Zahlen ohne Ausnahmen zeigen am 15. Oktober 2024: Es waren alleine im ersten Halbjahr 196,5 Millionen Euro für Werbung öffentlicher Stellen. Mit einem üblicherweise stärkeren zweiten Halbjahr dürften die Investments in Werbung im Gesamtjahr 400 Millionen Euro übersteigen.
- Öffentliche Werbebuchungen werden teilweise als informelle Medienförderungen eingesetzt – und haben insgesamt deutlich mehr Volumen als formelle Medienförderungen an private Medien.
- Öffentliche Stellen müssen ab 2024 bei größeren Kampagnen öffentlich darlegen, welche Kampagnenziele sie verfolgt und erreicht haben.
- Wien, über viele Jahre größter öffentlicher Bucher, tut das schon seit 2022 mit einem eigenen Jahresbericht der Stadtkommunikation.
- Wien erklärt die hohen Buchungen damit, dass in anderen Bundesländern Städte und Gemeinden extra melden, die Bezirke Wiens aber mit der Stadt.
Der Vorwurf angeblicher "Inseratenkorruption"
Werbebuchungen öffentlicher Stellen ‒ pointiert von Opposition und vielen Medien als angebliche "Inseratenkorruption" beschrieben ‒ beschäftigen in den 2020er-Jahren die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Der Verdacht: Öffentliche Werbebuchungen wären von Sebastian Kurz’ Getreuen in der ÖVP eingesetzt worden, um Wohlwollen und wohlwollende Berichterstattung für Kurz zu unterstützen, abgeleitet aus den sichergestellten Chats von Thomas Schmid. Kurz weist diese Vorwürfe stets als falsch zurück.
Schon gegen Werner Faymann (SPÖ) ermittelten die Behörden wegen ähnlicher Verdachtsmomente, die Ermittlungen gegen den roten Kanzler wurden schließlich eingestellt. Die ÖVP-Getreuen von Sebastian Kurz lernten offenbar. Sie entwickelten das sogenannte „Beinschab-Österreich-Tool“: Umfragen im Sinne der ÖVP, finanziert vom Finanzministerium, durchgeführt vom damaligen Marktforschungsinstitut von Sabine Beinschab im Zusammenspiel mit Sophie Karmasin (2014 bis 2017 Familienminsterin, ÖVP). Beinschabs Institut arbeitete parallel auf ÖVP-Vermittlung für Österreich, wo etwa das ÖVP-geführte Finanzministerium eifrig inserierte.
Bei der Mediengruppe Österreich gab es zu den Verdachtsmomenten 2021 Hausdurchsuchungen, bei Heute im Zuge von Ermittlungen gegen die Dichands 2023.
Dichands wie Fellners weisen die Vorwürfe entschieden als falsch zurück.
Woher kommt Österreichs "Medientransparenz"?
Seit Mitte 2012 verpflichtet in Österreich ein sogenanntes Medientransparenzgesetz öffentliche Stellen, ihre Werbebuchungen der Medienbehörde KommAustria zu melden, die sie dann veröffentlicht. Der Anlass damals: Die intensiven Werbebuchungen der Stadt Wien und insbesondere im Bereich von Werner Faymann als Wohnbaustadtrat, später in seinem Einflussbereich als Infrastrukturminister und schließlich als Bundeskanzler, insbesondere in Boulevardmedien von Krone über Österreich bis Heute fielen auf. Mitbewerbern aus Politik und Medien, Journalistinnen und Journalisten sowie der Staatsanwaltschaft Wien, die gegen Faymann ermittelte, weil sein Kabinettschef auf die dem Ministerium unterstellten ÖBB eingewirkt habe, für eine Krone-Kooperation im Sinne Faymanns ordentlich zu buchen. Diese Ermittlungen wurden 2013 eingestellt.
Wie funktioniert die Medientransparenz neu ab 2024?
Mehr als 5000 öffentliche Stellen vom Bundeskanzleramt bis zu den ÖBB, die vom Rechnungshof geprüft werden, müssen nun ab 2024 halbjährlich (davor quartalsweise) ihre Werbebuchungen der KommAustria melden, die sie auf www.rtr.at veröffentlicht.
Neu ab 2024:
- Buchungen bei nicht periodischen Medien sind nun ebenfalls zu melden, also etwa Plakatwerbung, Sportsponsoring.
- Die bisherige Ausnahme von Buchungen unter 5000 Euro pro Quartal von der Meldepflicht wurde gestrichen. Auch kleinere Buchungen sind zu melden.
- Für alle Kampagnen mit "Werbeleistungen" von mehr als 10.000 Euro pro Halbjahr müssen die öffentlichen Stellen der KommAustria auch die geschalteten Sujets übermitteln, die sie, wie die Beträge, veröffentlicht.
- Über Kampagnen ab 150.000 Euro müssen die öffentlichen Stellen einen erklärenden Bericht auf ihrer Webseite veröffentlichen.
- Ab einem Kampagnenvolumen von einer Million Euro müssen sie eine – interne oder externe – Wirkungsanalyse zur Kampagne erstellen oder erstellen lassen und diesen auf ihrer Webseite publizieren.
Erste neue Medientransparenzdaten ab Oktober 2024
Erste Daten nach den neuen Vorgaben der Medientransparenz sind ab 15. Oktober 2024 über das erste Halbjahr 2024 verfügbar. Hier ein erster Überblick der Buchungen nach Konzernen, Zuordnung: diemedien.
Übersicht Medientransparenz-Meldungen bei der RTR.
Ab 2024 visualisiert die RTR die Daten aus der Medientransparenz.
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Updates
Am 15. Oktober 2024 zeigt sich, dass Österreichs Medientransparenz über Werbebuchungen öffentlicher Stellen weit entfernt von Transparenz war. Weniger als die Hälfte des Buchungsvolumens wurde wegen wesentlicher Ausnahmen gemeldet.
196,5 Millionen Euro dieser Werbebuchungen meldeten Ministerien, Länder, Gemeinden und ihren Institutionen, Organisationen und Unternehmen alleine für das erste Halbjahr 2024. Für die ersten sechs Monate 2023 hatten sie noch, wegen großzügiger Ausnahmen, 78 Millionen Euro gemeldet und für das ganze Jahr 2023 193 Millionen Euro.
Mehr über Medientransparenz in Österreich hier auf diemedien.
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