Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP platzen – und damit blaue Medienpolitik-Pläne
Am 12. Februar 2025, kurz vor 15 Uhr, ist das Ende der Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP offiziell, die eine von FPÖ-Chef Herbert Kickl als Bundeskanzler geführte Regierung vorbereiteten.
Für unabhängige, journalistische Medien ist das eine gute Nachricht. Das zeigten Protokolle des Verhandlungsstands, die am Wochenende zuvor geleakt wurden. Sie dokumentieren deutlich die medienpolitischen Vorstellungen der FPÖ, etwa:
- ORF-Beitrag abschaffen. Die FPÖ verlangte die Kürzung des ORF-Beitrags schon 2026, kolportiert wurde um ein Drittel. Ab 2027 sollte der Beitrag abgeschafft und der ORF – entlang eines Sechsjahresplans – aus dem Bundesbudget finanziert werden. Eher keine Maßnahme für mehr Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
- ORF-Führung vorzeitig neu ausschreiben. Die FPÖ wollte neue Regeln für die Besetzung der ORF-Gremien (die der Verfassungsgerichtshof verlangt) nutzen, um die ORF-Führung vorzeitig neu auszuschreiben – wie 2000 in ihrer ersten Koalition mit der Volkspartei.
- "Faktizität" keine Bedingung für Medienförderungen. Die FPÖ hat vielfach Medienförderungen auch an von ihr als "frei" oder "alternativ" bezeichnete Kanäle verlangt. Die FPÖ lehnte diese Formulierung für ein Regierungsübereinkommen ab: "Kriterien wie Faktizität, Quellenherkunft und journalistische Sorgfalt sind entscheidend für den Erhalt von Medienförderungen"; ebenso Redaktionsstatute.
- Medienförderung für den Presserat, für Journalismusclubs und Journalismusausbildung wollte die FPÖ streichen.
- Regierungswerbung auch für extremistische Medien. Laut Verhandlungsprotokoll lehnte die FPÖ ein von der ÖVP vorgeschlagenes Verbot ab, Regierungswerbung an "extremistische" Medien zu vergeben.
- Maßnahmen gegen Desinformation abgelehnt. Die FPÖ war etwa auch gegen "effiziente Bekämpfung von Desinformation. Zusammenarbeit im europäischen Verbund gegen ausländische Einflussnahme", gegen "verstärkte Regulierung und Kontrolle großer digitaler Plattformen", gegen die Verantwortung "großer Plattformen für die Moderation und Löschungsverpflichtung im Rahmen des Digital Services Act und des Digital Market Act".
- Ablehnung bei Medienkompetenz. Mehr Mittel für Medienkompetenz an die RTR GmbH lehnte die FPÖ (über sehr allgemeine Bekenntnisse zu Medienkompetenz hinaus) ebenso ab wie etwa: "Beitrag im Kampf gegen fake news und Desinformation u.a. durch Erhöhung der Medienkompetenz für Schülerinnen und Schüler."
Die ÖVP holte in den Verhandlungen mit der FPÖ aber auch einige von Medien teils heftig kritisierte Wünsche hervor:
- Zitierverbot aus Ermittlungsakten. Die Passage war im Verhandlungsprotokoll schon mit der FPÖ akkordiert: "Stärkung der Beschuldigtenrechte und der unbeeinflussten Rechtsprechung durch konsequente und verhältnismäßige Regelung der Verdachtsberichterstattung und Beschränkung der Möglichkeit des direkten Zitats aus Ermittlungsakten im Sinne der EMRK."
- Klarnamenpflicht online. Schon in der Koalition mit der FPÖ 2017 versuchte die ÖVP eine Klarnamenpflicht etwa für Foren einzuführen. MIt der FPÖ startete sie einen neuen Anlauf, der Punkt war im Protokoll allerdings rot als strittig markiert: "Internet darf kein rechtsfreier Raum sein – daher soll eine 'Klarnamenpflicht' im Internet umgesetzt werden." Der Standard sieht seine kritischen Foren hier als Angriffsziel der ÖVP.
Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP nehmen ÖVP und SPÖ ihre Regierungsverhandlungen wieder auf, die am 4. Jänner 2025 nach dem Ausstieg der Neos am Vortag geplatzt waren. Auch die Neos kommen wieder an Bord.
Mehr zum Thema. Hier habe ich für den Standard ausführlicher den Letztstand der Verhandlungsprotokolle von FPÖ und ÖVP zusammengefasst. Und hier den Stand der Verhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos bis 3. Jänner 2025, wo ÖVP und SPÖ anknüpfen könnten.
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