ÖVP, SPÖ, Neos: Wie die Dreierkoalition ab 2025 Medienpolitik macht
Inhalt
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Warum ist das wichtig?
- Medienpolitik schafft die Rahmenbedingungen für Medien – von ORF-Gesetz bis Förderungen und öffentliche Werbebuchungen.
- Regierungsmehrheiten besetzen Medienbehörden und Medienförderstellen wie die RTR sowie mit ihrem Einfluss auf den ORF-Stiftungsrat die Führung von Österreichs größten Medienkonzern ORF.
- Ich schreibe hier in kurzen Einträgen die medienpolitische Timeline der am 3. März 2025 angelobten Bundesregierung von ÖVP, SPÖ, Neos unter Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) und Vizekanzler sowie Medienminister Andreas Babler (SPÖ) mit.
Ich notiere hier Ereignisse und Entwicklungen, die mir wesentlich erscheinen. Falls dir etwas fehlt: Wie in jedem Beitrag auf diemedien. gibt es unten einen Kontaktlink – ich danke für Anregungen und Hinweise.
Regierungsprogramm zu Medien
Die wichtigsten Punkte zur Medienpolitik im Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ, Neos findest du in diesem diemedien.-Beitrag im Vergleich zu früheren Regierungsprogrammen.
Medienminister Bablers nimmt sich gleich "Das Geschäft mit der Liebe" bei ATV vor
22. März 2025
Erste öffentlich wahrnehmbare Aktion von Andreas Babler als neuer Medienminister: Babler protestiert auf Bluesky und X gegen das seit 2010 laufende Dokuformat Das Geschäft mit der Liebe. "Verherrlichung sexualisierter Übergriffe" und "offenes Zurschaustellen von sexueller Ausbeutung" hätten keinen Platz; er will deshalb an die ATV-Geschäftsführung herantreten. Hintergrund: Falter-Chefredakteur Florian Klenk hat am 21. März 2025 entdeckt, was ATV da zeigt, und setzt alle kommunikativen Hebel dagegen in Bewegung. Die Frauenvorsitzenden von SPÖ, ÖVP, Neos und Grünen protestieren am 23. März 2025 gemeinsam dagegen. ATV kündigt eine "nochmalige Qualitätskontrolle" an und nimmt vorerst kritisierte Folgen und Trailer vom Netz und eine Folge aus dem Programm.
Doppelte Beschränkung des ORF-Beitrags
25. März 2025
Mit einer raschen, vom Verfassungsgerichtshof ausgelösten Minimalreparatur der ORF-Gremien setzt die ÖVP auch gleich ihr seit Herbst in allen Regierungsverhandlungen verfolgtes Ziel durch: Der ORF-Beitrag muss für weitere drei Jahre per Gesetz auf 15,30 Euro pro Haushalt wie ab Start 2024 begrenzt werden. Der ORF muss deshalb nach eigenen Angaben weitere 220 Millionen Euro über drei Jahre einsparen.
Zusätzlich ringen Koalition und ORF bis zuletzt, Stunden vor dem Beschluss im Verfassungsausschuss am Abend des 25. März 2025 um ein zusätzliches Limit: Die Einnahmen des ORF aus dem Beitrag sollen ebenfalls weitere drei Jahre bis 2029 auf im Schnitt 710 Millionen fixiert werden. 2026 hatte der ORF schon mit 743 Millionen kalkuliert, im Schnitt seit 2024 ging sich das aus.
Man einigt sich erst doch auf 750 Millionen Euro. Doch als die Zahl an Österreich hinausgespielt wird, zuckt die ÖVP empört zurück und besteht schließlich auf 710 Millionen wie seit 2024. Kenner der ÖVP tippen: Das Leak kam ihr sehr gelegen, um ohnehin geplantes umzusetzen. Mögliches Ziel: ORF-General Roland Weißmann ein Jahr vor der nächsten Generalsbestellung mürbe zu machen. Die Maßnahme bringt laut ORF-internen Berechnungen weitere 100 Millionen Sparbedarf.
Wird am 27. März 2025 so im Plenum des Nationalrats beschlossen.
Rasche Änderung der Besetzungsregeln für ORF-Gremien, ORF-Beitrag eingefroren
27. März 2025
Der Nationalrat beschließt am 27. März mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Neos eine – ziemlich kleine – Novelle zum ORF-Gesetz. Mit 31. März 2025 setzt der Verfassungsgerichtshof einige Besetzungsregeln für Stiftungsrat und Publikumsrat als zu regierungsnah außer Kraft. ÖVP, SPÖ, Neos planen eine rasche Änderung, um die Minimalanforderungen des Höchstgerichts zu erfüllen.
- Drei Mandate weniger im Stiftungsrat für die Bundesregierung, dafür drei mehr für den Publikumsrat.
- Im Publikumsrat bestimmt künftig die Bundesregierung die Hälfte der Mandate aus Vorschlägen von Interessenorganisationen gesellschaftlicher Gruppen (bisher besetzten Kanzler:in oder Medienminister:in die Mehrheit). Die andere Hälfte besetzen Parteiakademien, Kammern, ÖGB, katholische und evangelische Kirche, Akademie der Wissenschaften und – neu – der Hauptverband der Sozialversicherungsträger.
- Das Höchstgericht verlangt mehr Anforderungskriterien für Regierungsstiftungsräte und Publikumsräte im Gesetz im Sinne der Vielfalt.
- Neue Bundesregierung, Landesregierungen und Publikumsrat dürfen ihre Stiftungsräte nicht mehr vorzeitig einwechseln.
Das Regierungsprogramm verspricht im Rahmen einer späteren "Gesamtreform" des ORF eine "Gremienreform im Rahmen eines breit angelegten Prozesses unter folgenden Gesichtspunkten:
- "Mehr Bürgerbeteiligung.
- Vielfältige Fachexpertise.
- Verstärkte Unabhängigkeit der Gremien.
- Stärkung des Publikumsrates."
Medienminister Babler indes erklärt am 21. März 2025 in einem Hintergrundgespräch mit Medienjournalist:innen zur Gremienreform: "Das war's jetzt", es sei keine weitere Gremienreform geplant. Beim Beschluss im Nationalrat versichern Babler und Abgeordnete von SPÖ und Neos, dass eine größere ORF-Reform noch kommt.
Mit der Novelle wird auch die Höhe des ORF-Beitrags für weitere drei Jahre 2027 bis 2029 eingefroren.
Medienagenden samt Wiener Zeitung zu Babler
1. April 2025
Das Bundesministeriengesetz über die Neuverteilung der Ressorts und Agenden tritt eigentlich erst am 1. April 2025 in Kraft. Mit dem Inkrafttreten wandern die Medienagenden formal erst zu Bablers Ministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Sport und Medien. Und mit ihnen die Zuständigkeit auch für die Wiener Zeitung GmbH. Babler hat bei der Einstellung der republikseigenen Tageszeitung Mitte 2023 noch angekündigt, er wolle sich für ihre Wiederherausgabe einsetzen, wenn die SPÖ in Regierungsverantwortung kommt. Nun nennt er das "sehr unwahrscheinlich", das stehe nicht im Regierungsprogramm.
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Der Nationalrat beschließt am 27. März mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Neos eine – kleine – Novelle zum ORF-Gesetz. Mit 31. März 2025 setzt der Verfassungsgerichtshof einige Besetzungsregeln für Stiftungsrat und Publikumsrat als zu regierungsnah außer Kraft. ÖVP, SPÖ, Neos planen eine rasche Änderung, um die Minimalanforderungen des Höchstgerichts zu erfüllen.
- Drei Mandate weniger im Stiftungsrat für die Bundesregierung, dafür drei mehr für den Publikumsrat.
- Im Publikumsrat bestimmt künftig die Bundesregierung die Hälfte der Mandate aus Vorschlägen von Interessenorganisationen gesellschaftlicher Gruppen (bisher besetzten Kanzler:in oder Medienminister:in die Mehrheit). Die andere Hälfte besetzen Parteiakademien, Kammern, ÖGB, katholische und evangelische Kirche, Akademie der Wissenschaften und – neu – der Hauptverband der Sozialversicherungsträger.
- Das Höchstgericht verlangt mehr Anforderungskriterien für Regierungsstiftungsräte und Publikumsräte im Gesetz im Sinne der Vielfalt.
- Neue Bundesregierung, Landesregierungen und Publikumsrat dürfen ihre Stiftungsräte nicht mehr vorzeitig einwechseln.
Das Regierungsprogramm verspricht im Rahmen einer späteren "Gesamtreform" des ORF eine "Gremienreform im Rahmen eines breit angelegten Prozesses unter folgenden Gesichtspunkten:
- "Mehr Bürgerbeteiligung.
- Vielfältige Fachexpertise.
- Verstärkte Unabhängigkeit der Gremien.
- Stärkung des Publikumsrates."
Medienminister Babler indes erklärt am 21. März 2025 in einem Hintergrundgespräch mit Medienjournalist:innen zur Gremienreform: "Das war's jetzt", es sei keine weitere Gremienreform geplant. Beim Beschluss im Nationalrat versichern Babler und Abgeordnete von SPÖ und Neos, dass eine größere ORF-Reform noch kommt.
ORF-Beitrag eingefroren
Mit der Novelle wird auch die Höhe des ORF-Beitrags für weitere drei Jahre 2027 bis 2029 eingefroren bei 15,30 Euro, die seit der Einführung der Haushaltsabgabe 2024 gelten. Der ORF rechnet deshalb mit zusätzlich 220 Millionen Euro Sparbedarf in den drei Jahren.
Zusätzlich verlängert die Novelle das Limit für die Gesamteinnahmen des ORF aus dem ORF-Beitrag. Drei weitere Jahre bis 2029 darf er im Schnitt nicht mehr als 710 Millionen Euro aus der Haushaltsabgabe einnehmen. Schon 2026 kalkulierte er mit 743 Millionen Euro, das blieb im Dreijahresschnitt von 2024 bis 2026 noch im Limit. Der ORF rechnet deshalb mit zusätzlich 100 Millionen Euro Sparbedarf in den drei Jahren.
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